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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

er ging und die Stückchen von dem Butterbrode auf der Erde liegen sah, so dauerte es ihn, daß die schöne Gottesgabe umkommen sollte, darum bückte er sich jedesmal, wo er ein Stückchen liegen fand und hob es auf. Da meinte nun der Pastor nicht anders, als der Hans hätte alles verrathen, und der Bauer nähme nun Steine vom Boden auf und wollte ihm damit zu Leibe rücken, und da fing er an zu laufen und sprang davon, als wenn ihm der Kopf brannte. »Was mag nur unserm Herrn Pastor eingefallen sein«, dachte der Bauer, »daß der fortläuft wie närrisch, nun er mich kommen sieht.« Als sich der Bauer nun umdrehte, um zurückzugehen, da sprang seine Frau auch auf und lief fort, daß ihr die Röcke flogen, denn sie meinte auch wie der Pastor, ihr Mann wisse schon alles und wolle ihr jetzt zu Leibe rücken. Sprach der Bauer zu seinem Knechte Hans: »Was heißt denn das, Hans, daß meine Frau auf einmal so an zu laufen fängt?« »Ach, Herr,« sprach Hans, »sie hat gesagt, sie wollte mal sehen, wer am schnellsten laufen könnte, Ihr oder sie.« »Ei!« sagte der Bauer, »das müßte doch sonderbar zugehen, wenn ich mein Weib nicht einmal wieder kriegen könnte.« Und da fing der Bauer auch an zu rennen, immer hinter dem Weibe her, und die, da sie sah, daß der Mann hinter ihr her war, lief nun um so schneller; aber zuletzt holte sie der Mann doch ein und faßte sie und rief: »Jetzt hab ich dich.« Da schrie die Frau in ihrer Angst: »Ach lieber Mann, vergieb es mir doch! Ich will auch in meinem Leben nichts wieder mit dem Pastor zu thun haben.« So hatte sie sich selber verrathen, und der Bauer merkte nun wohl, was die Glocke geschlagen hatte, paßte auch nachher wohl auf, daß seine Frau ihr Versprechen halten mußte, sie mochte wollen der nicht.


27. Die alte Slüksche.

Die alte Slüksche hatte eine rechte Schnüffelnase und konnte gleich alles riechen, was im Dorfe gebacken oder gebraten wurde. Nun wohnte da auch ein junger Bauer mit seiner Frau, der fing, da er eines Tages auf dem Felde pflügte, einen Hasen, gab ihn dem Knechte und schickte ihn damit zu seiner Frau, daß sie ihn auf den Mittag braten und zurichten sollte. Die Frau kriegte den Hasen auch zu Feuer, und als er nun recht briet und brutzelte und schön braun wurde, so hatte es die alte Slüksche gleich gewittert, kam in die Küche und schnüffelte mit ihrer langen Nase um den Braten herum. »Ach Gott, Nachbarin«, sprach sie zu der Bauersfrau; »das riecht mal schön und ist so appetitlich, lasse Sie uns mal ein Stück davon probiren!« »Nein, nein,« sagte die Frau, »wenn das mein Mann merkt, so kriege ich Schläge.« »Ach Gott«, sagte die alte Slüksche und hielt ihre Schnüffelnase dicht über den Braten, »nur ein ganz kleines Stückchen, das merkt er ja nichts.« Da ließ sich die Frau bereden und schnitt ein Stück von dem Braten ab, und

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_067.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)