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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

kommst von hier nicht wieder fort«, sprach sie zu ihm, »und sollst mir tüchtig arbeiten.«

Den andern Morgen brachte sie ihn hinaus auf ein großes Feld, gab ihm einen Spaten und sagte: »Nun grabe mir das Feld; aber das wicke ich dir, bist du bis Sonnenuntergang nicht fertig damit, so geht’s dir schlecht.« Damit ließ sie ihn allein und ging fort. Der Königssohn hatte aber nie in seinem Leben einen Spaten in der Hand gehabt, und nun sollte er in einem Tage das große Feld herumbringen. Darüber gerieth er so in Verzweiflung, daß er sich bitterlich weinend auf den Boden warf.

Nun hatte die Hexe noch ein Mädchen bei sich mit Namen Jette, das mußte dem Königssohn um Mittag was zu Essen bringen, und als sie hinkam, da lag er noch immer und weinte und hatte von seiner Arbeit noch nichts gethan. »Was weinst du denn?« fragte ihn das Mädchen. »Ach!« sagte er; »ich sehe wohl, daß ich die Arbeit doch nimmer fertig bringe, darum bin ich so traurig.« »Sei nur guten Muthes«, sprach das Mädchen da; »wenn du mir getreulich beistehen willst, daß ich aus dem Hause der alten Hexe wegkomme, so will ich die Arbeit schon für dich fertig bringen. Du mußt wissen, ich bin keine gewöhnliche Magd, sondern eines Königs Tochter; aber das alte Weib hat unser Schloß verwünscht, da sind meine Brüder zu drei Riesen geworden, die werfen auf dem Schloßhofe mit Steinen, daß keiner hineinkann, und wenn sie niederwerfen, so werfen sie auf, und wenn sie aufwerfen, so werfen sie nieder. Ich selber muß bei der Hexe dienen als ihre Magd. Wenn wir aber fort wollen, so dürfen wir nicht lange mehr warten, denn von heut über drei Tage muß sie wieder Einen fressen und hat schon gesagt, sie wollte den Backofen heiß machen.« Da versprach der Königssohn dem Mädchen, daß er ihr gerne beistehen wollte, und wenn sie glücklich wegkämen, so wollte er sie zu seiner Frau nehmen. Das Mädchen hatte aber das Wünschen gelernt, und nun wünschte sie, daß das Land herum wäre, und wie sie das gethan hatte, so war auch die Arbeit geschehen. Der Königssohn legte sich nun hin und schlief, bis die Sonne hinunter war; dann ging er zu Hause und sagte, das Land wäre umgegraben. »Gut das!« sagte die Hexe; »morgen will ich dir mehr zu thun geben.«

Den andern Tag brachte sie ihn in den Wald zu einer allmächtig großen Buche, gab ihm eine Axt und sagte: »Nun fälle mir den Baum, und wenn du das gethan hast, so haue ihn in kleine Splittern, daß ich Brennholz kriege; aber das wicke ich dir, bist du bis Sonnenuntergang nicht fertig damit, so geht’s dir schlecht.« Damit ging sie weg und ließ ihn allein. Der Königssohn hatte aber in seinem Leben noch keine Axt in Händen gehabt, und nun sollte er in einem Tage den allmächtig großen Baum in Splitter hauen. Darüber wurde er ganz mißmuthig, warf sich auf die Erde und fing bitterlich zu weinen an.

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_053.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)