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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

sie ihn bei sich als ihren Sohn, gaben ihm gute Kleider und ließen ihn in allem unterrichten, was einem Rittersmann zukommt.

Über eine Zeit, so ging die Kunde, der König von Spanien, der schon alt und des Regierens müde sei, hätte eine Krone ausgehängt, wer die in vollem Jagen herunterstäche, der sollte Vizekönig von Spanien sein und des Königs Tochter zur Frau haben. Da bat Fritz seine Pflegeeltern, daß sie ihn möchten nach Spanien an des Königs Hof ziehen lassen, denn das Kronenstechen hätte er doch gar zu gerne mitgemacht. »Wer weiß, ob es dir nicht glückt,« dachte er und bat so lange, bis ihm der Ritter ein Pferd gab und ihn ziehen ließ. So ritt er denn fort auf dem Wege, der nach Spanien geht, und als er dort ankam, da hatten sich schon alle Ritter im Stechen versucht, aber keiner hatte die Krone erlangen können. So war er der letzte an der Reihe, und richtig! es gelang ihm, die Krone herunterzustechen. Da wurde er zum Vizekönig von Spanien gemacht und sollte des Königs Tochter haben.

Es waren aber zu der Zeit gerade die sieben Jahre herum, darum sprach er: »Ehe die Hochzeit ist, will ich noch einmal in meine Heimath zu meinem alten Vater reisen.« Des war der König zufrieden. So zog er denn fort in seine Heimath, und als er da ankam, war es Abend; da kehrte er in dem ersten Gasthofe ein, der des Bürgermeisters Hause gerade gegenüber lag. Dem Bürgermeister sein Haus war aber ganz hell erleuchtet und war Musik darin und wurde getanzt. Da fragte er den Wirth, was denn das zu bedeuten hätte, daß es in dem Hause da auf der andern Seite so lustig herginge. »Das kommt daher,« antwortete der Wirth, »daß unsers Bürgermeisters Tochter heute Hochzeit hält.« Da fragte er weiter, ob er es als Fremder wohl wagen könnte, auch mal hinüber auf die Hochzeit zu gehen. »Das könnt Ihr nur dreist thun,« sagte der Wirth, »so einen feinen, reichen Herrn, wie Ihr seid, wird man da gerne sehen.« So ging er denn auf die Hochzeit; aber von den Leuten, die da waren, kannte ihn keiner wieder und alle freuten sie sich, daß so ein vornehmer Herr ihnen die Ehre anthäte, bei ihnen einzusprechen. »Ist es wohl erlaubt,« fragte er da, »mit der Braut einen Tanz zu machen?« »Ei ja wohl,« sprachen alle, »das wird der Braut eine große Ehre sein.« Da ging er hin zu den Musikanten und bestellte seinen Lieblingswalzer, den er sonst mit seiner Karoline immer so gern getanzt hatte, und als er sie nun zum Tanze holte und die Musik den Walzer zu spielen anfing, wurde sie ganz still und dachte bei sich: »Es ist doch sonderbar, daß dieser fremde Herr mich gerade heute an meinen Fritz erinnern muß, der doch gewiß schon lange todt ist; nun ich seinen Lieblingswalzer spielen höre, wird mir ordentlich das Herz schwer;« aber doch erkannte sie ihn nicht. Als nun der Tanz zu Ende war und der fremde Herr wieder fortgehen wollte, drückte er der Braut ein Papier in die Hand, und als sie das aufmachte, so lag darin der

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_039.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)