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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

hatte, band er derweilen sein Pferd an einen Wagen, der mit Heu beladen war. Da traf es sich, daß die Mähre ein Füllen warf; das freute den Mann sehr; als er aber das Füllen mit sich hinweg führen wollte, trat der, welchem das Fuder Heu gehörte, hinzu und sagte: das ginge nur nicht so; das Füllen käme von Rechts wegen ihm zu, weil die Mähre an seinem Fuder Heu gestanden hätte, als sie das Füllen zur Welt brachte. Weil sie nun darüber in heftigen Streit geriethen, so gingen sie zuletzt mit ihrer Klage vor den König; der that den Ausspruch: daß der das Füllen haben sollte, an dessen Wagen die Mähre gestanden hätte. Der Bauer, dem das Füllen zugesprochen war, ging mit lachendem Munde fort, der andere aber war ganz traurig über des Königs ungerechte Entscheidung. Da ward ihm gesagt, er solle zur Königin gehen, die wäre sehr klug und herzlich gut und könne ihm vielleicht einen nützlichen Rath geben. Ging da der arme Bauer zu der Königin und stellte ihr seine Sache vor. Da sprach sie: »Kaufe dir ein Fischnetz, und Morgen früh, wenn der König mit seinen Leuten durch die Stadt gehet, ziehe das Netz über die Pflastersteine, als wolltest du Fische fangen.« Wenn dich dann der König fragt, so antworte ihm: »ebensogut, wie ein Fuder Heu ein Füllen werfen kann, ebensowohl kann ich auf dem Pflaster hier auch Fische fangen.« Der Bauer that, wie ihm die Königin gesagt hatte; und als er nun am andern Morgen sein Netz durch die Straßen zog, kam der König mit seinen Hofleuten auch bald des Wegs gegangen und fragte verwundert: was er denn da thäte. »Ich fische,« sagte der Bauer. »Aber, guter Freund,« sprach der König, »wie magst du in den Straßen fischen, da doch kein Wasser ist?« »Ei, Herr!« entgegnete der Bauer; »ebensogut, wie ein Fuder Heu ein Füllen zur Welt bringen kann, ebensogut kann ich auf der Straße hier auch Fische fangen.« Da erkannte der König den Bauer wieder und sprach: »Du sollst dein Füllen ersetzt haben; aber den Einfall mit dem Netze, den kann dir niemand gesagt haben, außer der Königin, das merk ich wohl.« Jetzt ist der König von da gleich zu der Königin gegangen und hat gesagt: »Ich sehe wohl, daß dir, was ich thue, nicht recht ist; darum mußt du noch heute mein Haus verlassen und hingehen, woher du gekommen bist.« »Wenn das euer Wille ist,« sprach Isabelle, »so will ich auch zufrieden sein.« Da ließ ihr der König alte zerrissene Kleider geben und verstieß sie, daß sie arm und halb nackt wieder zu ihres Vaters Hause kam; aber doch sprach sie wider den König kein böses Wort.

Über eine Zeit, da ließ der König bekannt machen, daß er sich wieder vermählen wolle; und als nun die Hochzeit sein sollte, sandte er einen Boten an Isabelle: sie möchte doch kommen und in der Küche behülflich sein. »Wenn es der König wünscht,« ließ sie widersagen, »so will ich es gerne thun.« Zur bestimmten Zeit ging sie hin und half in der Küche, und als alles zum Essen bereit war, ließ ihr der König hinaussagen: ob sie nicht einmal

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_022.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)