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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

Großvater seinen Hut dem Schäfer gern wieder abgenommen. Sie konnten nur nicht dran reichen. Da beredeten sie den Schäfer, er sollte sich doch über die große Schale mit Reisbrei, die auf dem Tische stand, zum Spaß mal in die Hurke setzen, und wie er das tat und sich klein machte, schnupp, rissen ihm die Zwerge den Hut weg, so daß er plötzlich dasaß in seiner Blöße vor den Augen der Hochzeitsgäste. Und so'ne Tracht Schläge, wie da, meinte der Schäfer, hätt er vorher noch nie gekriegt.


9. Königin Isabelle.

Es hatte ein armer Mann einen einzigen Acker; da kamen die großen reichen Bauern daher, fragten nicht lange, sondern bauten auf des armen Mannes Acker einen langen Schafstall. Alle Einreden waren vergeblich, so daß der Mann mit seiner Klage endlich vor den König ging. »Gib dich nur zufrieden,« sprach der König; »ich will dir einen andern Acker geben.« Das that er auch.

Wie nun der Mann daran ging, ihn zu bestellen, grub er aus der Erde heraus einen goldenen Mörserkolben, aber den Mörser dazu konnte er nicht finden, so viel er auch suchen mochte. Da sprach er zu seiner Tochter, die hieß Isabelle: »Isabelle«, sprach er, »der König hat uns doch das Land geschenkt, nun will ich ihm auch den goldenen Kolben schenken, den ich in dem Lande gefunden habe.« Darauf entgegnete Isabelle: »Ich rath Euch, Vater, laßt das lieber sein; denn wenn der König den Stößer sieht, so wird er auch nach dem Mörser fragen, und wenn Ihr den nicht schaffen könnt, so wird er meinen, Ihr hättet ihn für Euch behalten.« Aber der Mann ließ sich nicht bereden, sondern ging hin vor den König. »Mit Gunst, Herr König! Ich wollte Euch wohl einen goldenen Stößer bringen, den habe ich in dem Acker gefunden, den Ihr mir neulich geschenkt habt, so Ihr noch wohl wissen werdet.« »Gut das!« sprach der König; »aber, lieber Mann, der Mörser, wo ist denn der?« »Mit Verlaub, Herr, den Mörser fand ich nicht, so viel ich auch gesucht habe.« »Ei Mann!« sprach der König; »wo der Stößer ist, da muß doch auch der Mörser sein; du möchtest ihn wohl gern für dich behalten?« »Gewiß und wahrhaftig, Herr König, den Mörser habe ich nicht.« »Ja, warte nur, Bösewicht!« fuhr der König voll Zorns heraus; »ich will dich setzen lassen bei Wasser und Brot, und nicht eher sollst du loskommen, bis du mir kund tust, wo du den Mörser ließest, der zu dem goldenen Stößer gehört.«

Da ließ der König den armen Mann ins Gefängnis werfen; der fing an zu klagen und rief in einem fort: »Hätt' ich doch meiner Tochter geglaubt!« Als das dem König hinterbracht wurde, ließ er ihn vor sich fordern und fragte ihn, warum er denn immer riefe: »Hätte ich doch meiner Tochter geglaubt!« Da erzählte er dem Könige, wie ihm seine Tochter vorhergesagt

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_020.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)