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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

Bräutigam richtig an, und Ilsabein, die ihn schon erwartet hatte, sprang ihm munter auf dem Hof entgegen und faßte ihn bei der Hand, daß sie ihn ins Haus brächte. »Sieh doch einmal, mein Schatz!« sprach sie da, »dort oben im Thürriegel steckt wahrhaftig eine Nähnadel.« »Ei wirklich!« sagte der Freier, der seine Augen ordentlich anstrengen mußte, um die Nadel in der Höhe zu bemerken, »das ist wirklich eine Nähnadel!« und dachte bei sich: »Das Mädchen sieht doch schärfer, als die Leute wohl denken mögen; die nimm nur!« So gingen sie denn ganz einmüthig zusammen in die Stube und setzten sich an den Tisch. Mit dem so brachte die Muhme das Vesperbrod herein, hatte auch eine schöne große Butterbemme beigelegt und stellte das alles vor die Brautleute auf den Tisch. Wie nun Ilsabein die große Butterwälze da so auf dem Tische stehen sah, meinte sie nicht anders, als ihre weiße Katze wär's, welche von dem Vesperbrode naschen wollte. »Schuh!« rief sie, »Katzut!« und klappte mit der Hand in die weiche Butter. Da merkte der Freier, daß das Mädchen doch nicht gut sehen konnte, stand auf, sah nach der Uhr und that, als ob er noch etwas Eiliges zu bestellen hätte. »Ich muß jetzt fort,« sagte er, »Adieu, mein Schatz, bis Morgen!« Damit ging er zur Thüre hinaus, kam aber niemals wieder, so daß die arme Ilsabein wieder warten und warten mußte; und wenn sie noch nicht gestorben ist, dann wartet sie heute noch.


5. Gerdmann un Alheid.

Dar was äis en gante un en goos, un de gante häit Gerdmann un de goos häit Alheid, de beiden güngen in der harwesttit te hope henut up dat stoppelfeeld un föngen dar täo fräten an. Gerdmann, ans de kläukeste, bleef jümmer up den hogen rüggen van'n stücke, wo häi säen könne, wat rund ümme her passiren döe, de goos Alheid fratt awerst in der däipen fore hendal, dar stünnen de besten greunen spiere, denn dat wäit'n woll, dat et dar jümmer natt is, un wenn emeihet werd, säo kann'n ok mit der seessen nich orntliken heninraken. Et dure nich lange, säo maoke Gerdmann up äis sinen hals säo lang un keek sick ümme. Do sach häi, dat de voss ganz liseken langs in der fore herdal sleek un der goos jümmer nöger kam. Do wolle häi der goos beschäid seggen un räip:

»Alheid!
Sühst du nich, wat dar in der fore geit?«

De goos bleef awerst jümmer mit fräten värtüge un antwore nix ans:

»Tatterattatt, tatterattatt!
Ette wat, ette wat!«

un meene, Gerdmann schölle fräten un dat kören laten.

De voss, de sick mitterwile dal eduked harre, kam nu weer nöger un nöger. Do räip Gerdmann täon twäiten male:

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_013.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)