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eine Einladung zu einem andern Concerte auf den folgenden Sonntag, und war so gütig mir zu versprechen, daß er mich selbst hinführen wollte.

Hierauf machte ich einen zweyten Besuch bey Herrn Agricola, immer in Begleitung meines verbindlichen Freundes, Herrn Nicolai, der mir diesen Tag schenkte. Heute lernte ich Madame Agricola kennen, die vor ihrer Verheyrathung Sigra. Benedetta Emilia Molteni hieß. Itzt ist sie funfzig Jahr alt, und singt dem ungeachtet noch Bravourarien mit erstaunender Fertigkeit. Man kann daraus, daß einige Stellen in ihrer Stimmme etwas dünne sind, den Abgang der Jugend merken, sie hat aber noch schöne Ueberbleibsel einer grossen Sängerinn. Ihre Stimme geht vom tiefen A unter der Linie bis ins dreygestrichne D, und sie hat einen sehr vollkommenen Triller und eine reine Intonation. Sie ist aus Modena gebürtig, und hat von allen grossen Meistern ihrer Zeit Unterricht genossen, unter welche sie Porpora, Hasse und Salinbene zählt. Sie ist schon seit fast dreyssig Jahren in Berlin als Sängerinn in Hofdiensten; und singt itzt die zwoten Rollen in den ernsthaften Opern Sr. Majestät des Königs. Während dieses Besuchs war sie so gütig mir drey Arien in verschieden Stylen vorzusingen, eine Grazioso, eine Allegro und eine Adagio, alle drey von der Komposition des Herrn Agricola.