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herrschen. Indessen muß man eingestehn, daß man den Italiänern liebkoset, schmeichelt, und oft zweymal so viel Gehalt bezahlt, als selbst denen unter den Einheimischen, die grössre Verdienste besitzen. Bey solchen Reizungen muß man es also den Deutschen nicht gar zu übel nehmen, wenn sie manchen italiänischen Meister zu gering schätzen, und ihnen mit solcher Verachtung und Strenge begegnen, als nur die plumpeste Unwissenheit und Dummheit verdient.

Meine Absicht war weder einen Panigyrikum noch eine Satire über die deutsche Musik zu schreiben, sondern bloß zu erzählen, was sie für einen Eindruck auf meine Empfindungen gemacht habe. Ich trat meine Reise mit dem Verlangen an, vergnügt zu seyn; und wenn ich zuweilen unzufrieden gewesen bin, und meine fehlgeschlagene Erwartung einen Tadel erzeugt hat: So hoffe ich doch nicht, daß mir solches den Vorwurf zuziehen wird, als mangele es mir an Unpartheilichkeit und Aufrichtigkeit.

Man lobt eigentlich nichts, wenn man alles lobt. – Und ich habe zuweilen meine Zweifel über solche idealische Schönheiten dieses oder jenes besondern Styls gehegt, die nur durch eine ausschliessende Bewunderung unterstützt werden.

Ich will nicht behaupten, daß die Deutschen keine Nationalmusik hätten; sie haben manchen grossen Mann gehabt, der niemals in Italien gewesen,