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Der Styl[H 1] dieses Komponisten kommt dem Style des hamburgischen Bachs näher, als irgend ein andrer. Die Gänge und Passagien aber sind ganz sein eigen, und machen seiner Hand und seinem Kopfe viel Ehre. In seinen Sachen trift man aber wirklich solche Schwierigkeiten an, welche alltäglichen Hörern und Spielern zu mühsam vorkommen müssen. Denn selbst seine Instrumentalbegleitung ist so schwer geschrieben, daß sie solche Spieler erfodert, die eben so stark auf ihren Instrumente seyn mußten, als er auf dem Seinigen, und das

Anmerkungen (H)

    [269] Vernügen ein, um die Lücke in Herrn Burney’s Tagebuche zu füllen. – Herr Müthel ist 1729 in der sachs-lauenburgischen Stadt Möllen gebohren. Sein Vater war daselbst Organist, und ließ seinen Sohn schon im sechsten Jahre den Anfang auf den Clavier machen; und ließ ihm auch bald darauf die Violine und Flöte lehren. Er schickte ihn hernach nach Lübeck zu Herrn J. Paul. Kuntzen, zum Unterricht in der Komposition und im Spielen. Dieser machte seinen jungen Scholaren auf das Schöne, sowohl in seinen eignen als andrer Männer Partituren aufmerksam, ließ ihn das Volle der Harmonie und den Ausdruck der Worte bemerken, und lösete ihm die vorkommenden Zweifel auf. In seinem siebzehnten Jahre, ward unser Müthel bey Sr. Durchl. dem regierenden Herzog von Mecklenburg-Schwerin, Kammermusikus und Hoforganist. Er hatte zugleich die Ehre, den gegenwärtigen Erbprinzen Ludewig und seine Schwester, die Prinzessin Amalia, in der Musik zu unterrichten. Nachdem er einige Jahre in diesen Diensten gestanden, erhielt er die Erlaubniß vom Herzoge, andre Höfe, mit Beybehaltung seiner Bedienungen und seines Gehalts, zu besuchen. Seine Hauptabsicht war, bey

  1. [314] Herrn Müthel hat wohl nicht Bachs Styl, ob er gleich sehr original ist; sonderlich in seinen Claviersonaten ist er wilder, minder zärtlich, rauschender. Er ist auch noch länger als Bach, welches ja nicht hätte sollen vergessen werden.