diese Beschuldigungen sehr gemildert werden, wenn man dagegen in Betrachtung zieht, daß seine kühnsten Züge, sowohl in der Melodie als in der Modulation, niemals gegen die Regeln sind, und beständig von grosser Gelehrsamkeit unterstützet werden; und daß sein Flug kein wüstes Schwärmen der Unwissenheit und Raserey, sondern die Ergiessung eines kultivirten Genies ist. Bey genauer Untersuchung also wird man finden, daß seine Kompositions so reichhaltig an Erfindung, Geschmack und Gelehrsamkeit sind, daß bey allem was ihnen übelgesinnte Kritiker zur Last legen wollen, jede Zeile, die man einzeln heraushebt, mehr neue Ideen an die Hand geben kann, als man in ganzen Seiten mancher Komponisten vergebens suchen würde, welche doch mit Beyfall aufgenommen sind.
Als ich nach seinem Hause kam, fand ich ihn mit drei oder vier vernünftigen und wohlerzogenen Personen, von seinen Freunden[H 1], ausser seiner
Anmerkungen (H)
- ↑ Diese waren keine andre, als der durch seine medicinische Schriften allgemein bekannte Herr Docter Unzer, seine ebenfals durch Schriften bekannte Ehegattinn, und ihr Bruder, Herr Ziegler. Aber dergleichen läßt sich von einem Reisenden, der nur Musik in der Seele und zum Zweck hat, vergessen, ohne, daß er deshalb Vorwürfe verdiene. Der Uebersetzer.
Charles Burney: Tagebuch einer musikalischen Reise – Dritter Band. Bode, Hamburg 1773, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Burney_-_Tagebuch_einer_musikalischen_Reise_3._Bd_1773.pdf/217&oldid=- (Version vom 26.10.2016)