Seite:Burney - Tagebuch einer musikalischen Reise 3. Bd 1773.pdf/179

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sehr gerühmt worden, daß solche einer besondern Untersuchung werth war. Indessen wird es nunmehro Zeit seyn, die Zeugnisse aufzuzählen, und es würde die höchste Ungerechtigkeit seyn, zu leugnen, daß Berlin seit langer Zeit unter seinen Tonkünstlern solche einzelne Männer gehabt hat, und noch hat, deren Geschicklichkeit groß und weit hervorragend ist. In Ansehung aber des allgemeinen und Nationalgeschmacks in der Komposition und Spielart, scheint es itzt so sehr nach einem Muster gebildet, daß es alles was Erfindung und Genie heißt, ausschließt. Vielleicht wäre es eben so vernünftig, wenn man annehmen wollte, das Blut eines Quantz oder eines Grauns, wenn es in die Adern eines andern Komponisten gebracht werden könnte, würde besser zirkuliren, als sein eignes, als sich einzubilden, ihre Ideen[WS 1] und Einfälle, wenn er sich solche zugeeignet hätte, würden ihm besser zustehen, als die Ideen und Einfälle, welche er von der Natur erhalten.

Von allen Tonmeistern, welche seit länger als dreyssig Jahren in preusischen Diensten gestanden, haben vielleicht nur zweene, nemlich C. P. E. Bach und Franz Benda, ganz allein den Muth gehabt, selbst Original zu seyn; die übrigen sind Nachahmer. Selbst Quantz und Graun, welche so häufig nachgeahmt worden, haben sich nach den Werken eines Vinci und Vivaldi gebildet.[H 1] Herr Quantz ist ein Mann von vieler Einsicht, und

Anmerkungen (H)

  1. [310] Aus Gesprächen weiß ich, Bach giebet nicht zu, daß Quantz sich nach Vivaldi gebildet habe. Quantzens Concerte haben auch eine feinere Einrichtung, sind mit den Instrumenten verwebter, als die von Vivaldi, die ich von ihm kenne. Lernen sollen und müssen wir ja alle von denen die vor uns waren. Aufs ängstliche Kopiren, nur darauf kommts an!

Anmerkungen (Wikisource)

  1. statt Vorlage: daß ihre Ideen – Verbessert nach dem Druckfehlerverzeichnis