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nach der Zeit aber sich noch mit ein paar Tönen in der Tiefe vermehrt hat. Ihre Art zu singen war ausdrückend und Brillant, (un Cantar granito.) Sie hatte eine geläufige Zunge, Worte geschwind hintereinander und doch deutlich auszusprechen, eine sehr geschickte Kehle, und einen schönen und sehr fertigen Triller, welchen sie mit der größten Leichtigkeit, wie und wo sie wollte, anbringen konnte. Die Passagien mochten laufend oder springend gesetzt seyn, oder aus vielen geschwinden Noten auf einem Tone nach einander bestehen, so wußte sie solche in der möglichsten Geschwindigkeit, so geschickt herauszustossen, als sie immer auf einem Instrumente vorgetragen werden können. Sie ist unstreitig die Erste, welche die gedachten, aus vielen Noten auf einem Tone bestehenden Passagien, im Singen, und zwar mit dem besten Erfolge, angebracht hat. Die Adagio’s sang sie mit vielem Affekt und Ausdruck, nur mußte keine allzutraurige Leidenschaft, die durch schleifende Noten, oder ein beständiges Tragen der Stimme ausgedruckt werden kann, darinne herrschen. Sie hatte ein gutes Gedächtniß in den willkührlichen Veränderungen, und eine scharfe Beurtheilungskraft, den Worten, welche sie mit der grössesten Deutlichkeit vortrug, ihren gehörigen Nachdruck zu geben. In der Aktion war sie besonders stark; und weil sie der Vorstellungskunst, oder, mit Mattheson zu reden, der Hypokritik, in einem hohen Grade mächtig war,