Seite:Buch der Bücher (Putjatin) 157.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ansicht des Dinges, salvo meliori; das ist sie jetzt: Ob ich Recht habe oder nicht, da sehe der Kritisirte selbst zu; ich sage blos meine Meinung, weil ich den Auftrag habe, sie zu sagen.“ Und folglich: Wenn ich nun unrichtig urtheile, so bin ich nicht ungerecht, sondern nur unwissend.

3. Ich, der ich in der gesunden, und einige Grillenfängereien abgerechnet, für’s menschliche Leben brauchbaren Wolfischen Philosophie, aufgewachsen bin, suche überall Klarheit und Bestimmtheit der Begriffe, und selbst der Gefühle, vorzüglich in der Moral. Ich bin ein Todfeind vom bloßen Wortkram: Was bon, beau et juste; sentiment, dévoir, vertu, plaisir et divinité sei; wie instinct et passion, génie et talent u. s. w. – (d. i. gut, schön und gerecht; Gefühl, Pflicht, Tugend, Vergnügen und Göttlichkeit; Naturtrieb und Leidenschaft, Genie und Talent) – verschieden sind, das will ich definirt, wenigstens describirt, und durch gemessene Beispiele erläutert haben. Wenigstens sage mir jeder Autor, was er unter diesen vieldeutigen, oft sinnlos gebrauchten Wörtern, en son particulier verstehe. – Daraus folgt nun meine Abneigung gegen Mysticism, und Alles, was dahin führt; meine Abneigung gegen alle Ansprachen, die blos an das Herz, und nicht zugleich und vorzüglich auch an die Vernunft gerichtet sind. Ich ehre die Beredsamkeit, die das Herz bewegt, Leidenschaften entflammt, und zu Thaten erhitzt: Aber vorhergehen muß Erleuchtung durch die Vernunft, so wie Reinigung der Eingeweide vor dem Gebrauch der China-Rinde vorhergehen muß. Sonst entstehen Septembriseurs, die durch ihr

Empfohlene Zitierweise:
Nikolai Abramowitsch Putjatin: Worte aus dem Buche der Bücher. Dresden 1824, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Buch_der_B%C3%BCcher_(Putjatin)_157.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)