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eigene Klasse der Wissenschaften, so wie Jurisprudenz, Medizin, Mathematik, Historie u. s. w. Man theilte sie ein in die theoretische, welche Logik und Metaphysik, letztere Ontologie, Kosmologie, Psychologie, und natürliche Theologie, enthielt; und in die praktische, wohin man Naturrecht und Moral rechnete.

B. Im Wesentlichen dieses Begriffs kommen auch alle die verschiedenen Systeme überein, wenn man von Aristotelischer, Leibnitzischer, Kantischer, Fichtischer u. s. w. Philosophie spricht: Sie gehen nur in einzelnen Sätzen von einander ab, wenn sie über Entelechia (Ἐντελέχεια) und Monaden, über Ich und Nicht-Ich, Zeit und Raum, Seele und Materialität, speculiren. Ob in einem dieser Systeme Sätze vorkommen, die sich der nachher zu beschreibenden französischen Unphilosophie nähern, weiß ich nicht. Gewiß aber ist von dieser letztern wenigstens der Kantianismus himmelweit verschieden.

C. Von jeher hatte aber auch das Wort Philosophie eine total andere Bedeutung; man nahm es für den allgemein erhöhten und veredelten Menschen-Verstand, wie dieser bei jedem Objecte von einer Idee zur andern, durch Schlüsse, welche die Vernunft macht, richtig fortschreitet. In dieser Bedeutung philosophirt auch die Köchinn über ein Ragout fin; der Holzhacker über die beste Art das Holz zu spalten; Newton über die Art Lichtstrahlen zu spalten; Helvetius über die Menschen-Seele; und der Historiker über die Kunst wahre Facta aus Chroniken, Steinen und Münzen auszugraben. Hier ist philosophiren und raisonniren völlig eins; und Gott bewahre, daß wir dieses Vermögen, das uns der Gottheit nähert, ausschimpfen.

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Nikolai Abramowitsch Putjatin: Worte aus dem Buche der Bücher. Dresden 1824, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Buch_der_B%C3%BCcher_(Putjatin)_153.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)