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Das fünf und dreißigste Kapitel.


1. Die Frauen im Oriente. – 2. Die Geliebte des Weisen. – 3. Der richtige Takt.


1. Die Frauen im Oriente sind weit besser daran, als man bei uns gewöhnlich glaubt; sie sind oft selbst viel glücklicher, als die Frauen in Europa. Man bilde es sich ja nicht ein, daß das europäische schöne Geschlecht, durch sein freies Betragen außer dem Hause, wie es ihnen die übereinkunftliche Sitte unseres kleinen Welttheils gestattet, eben viel gewinne. Aus dem Allgemeinen entsteht sehr oft auch das Gemeine. - Wer sein Glück nicht in sich selbst trägt, der hat keines; und wer es außer dem Hause, und außer sich überhaupt sucht, der findet keines. Ließe man die Töchter und Frauen der Türken überall so frei umher irren, wie solches bei uns erlaubt ist, so würden die Schwachen und Unbesonnenen unter ihnen, bei üppiger Lectüre zum Zeitvertreib, wohl bald werden, was alle orientalische Männer von einer solchen Lebweise, vom Nichtsthun und von der Geschwätzigkeit, fürchten. Scheint also auch das Äußere der Orientalen oft eine Hölle zu sein, so ist das doch nur Schein. Das Paradies steht ihnen vielmehr immer offen, und zwar im Harem, in welchem die Frauen die Göttinnen sind.

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Nikolai Abramowitsch Putjatin: Worte aus dem Buche der Bücher. Dresden 1824, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Buch_der_B%C3%BCcher_(Putjatin)_105.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)