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hätten die Engländer zu ihrer Zeit gelebt, vielleicht daß sie ihr th damit bezeichnet haben würden.

Zwei Strichelchen, bald schräg liegend, bald gerade stehend, vertraten im altägyptischen Alphabet das i, so wie der Korb darunter einen von den drei Gaumenlauten des Aegyptischen. Phönizier und Griechen wählten den Korb zur Darstellung ihres k.

Die l-Natur des Leuen, des zwölften Zeichens unserer Liste, tritt uns in vielen Sprachen in seinen Bezeichnungen entgegen. Sein Bild galt den Aegyptern als ein guter Vertreter des l-Lautes und mit Behagen adoptirten die Phönizier sein cursives ägyptisches Bild. Kaum glaublich und doch wahr ist es, daß in unserem L ein Löwe verborgen steckt.

Der ägyptischen Nachteule ging es nicht besser. Sie flog zu den Phöniziern, zu den Griechen und zu allen Völkern der civilisirten alten und neuen Welt, um ihnen beim Schreiben als M-Eule zu helfen. Und doch, wer hätte es wagen sollen zu sagen, daß in dem geknickten M ein so düsterer Vogel steckt, denn auch den Aegyptern galt die Eule vorzugsweise als der Todtenvogel.

Für den flüchtigen Laut des n wählten die alten Aegypter als Bezeichnung die Wasserlinie, deren Wellenlinie selbst in unserer deutschen Cursivschrift wieder deutlich hervortritt.

Das fünfzehnte Zeichen unserer Tabelle stellt einen altägyptischen Thürriegel vor. Er ist das Symbol des scharfen s, das sich durch das phönizische Alphabet hindurch bis zum griechischen x verstiegen hat, während sich unser s, viel poetischer als der Thürriegel, von einer mit Bäumen bepflanzten Aue (s. Nr. 21) herleitet. Die Aegypter sprachen das letztere wie unser sch aus, die Semiten wie s und sch, die

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Heinrich Brugsch: Ueber Bildung und Entwicklung der Schrift. C. G. Lüderitz’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1868, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brugsch_Bildung_Entwicklung_Schrift_1868.pdf/23&oldid=- (Version vom 31.7.2018)