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war von einem Könige zu erwarten, der zu einer solchen Maßregel schreiten konnte? Christian mußte es bald bemerken, daß seine Stellung anfing unsicher zu werden. Um sich nun den Bürger- und Bauernstand geneigt zu machen, gab er Verordnungen, die den Zweck hatten, ihn zu heben und die Privilegien des Adels zu beschränken, aber er führte sie nicht durch, als der Adel widerstrebte, und verdarb es darüber mit Allen. Er machte Versuche, die Reformation einzuführen, und verfeindete sich dadurch die Geistlichkeit, aber auch dabei war er nicht consequent, sondern gab seine Versuche auf, als sie nicht sogleich gelangen und er für sein Interesse besser durch Erhaltung der Freundschaft mit dem Papste zu sorgen glaubte. So verlor er alles Vertrauen, dazu kamen Beschwerden über einzelne Grausamkeiten und über den Einfluß der Siegbrit.

Gegen die Hansestädte hatte Christian beständig ein feindseliges Verhalten beobachtet. Er beschränkte ihren Handel in seinem eignen Reiche und untersagte ihnen allen Verkehr mit Schweden, so lange er sich in Krieg mit diesem Lande befand. Lübeck suchte er durch eine List ganz in seine Gewalt zu bekommen. Er stellte nemlich bei einem Besuche, den er im Sommer 1521 dem mit den deutschen Verhältnissen damals noch nicht genau bekannten Kaiser Karl V., seinem Schwager, machte, diesem die Stadt als eine kleine und unbedeutende, für ihn aber bequem gelegene dar und bat ihn, sie ihm zu überlassen. Vielleicht wäre der Plan geglückt, wenn nicht ein ebenfalls anwesender Bürgermeister von Cöln dem Kaiser eine richtigere Darstellung gegeben hätte. Lübeck hatte also mehr als einen Grund, offenen Kampf mit Christian einzugehen. Im Jahre 1522 rüstete der Rath zwei Flotten aus, eine um Seeland anzugreifen, eine andere unter der Anführung der Rathsherren Berend Bomhower und Hermann Plönnies, um Gustav Wasa zu unterstützen. Dieser war unterdessen in seinem Kampfe glücklich gewesen, war von den Schweden auf einem Reichstage zu Watstena im August 1521 zum Reichsvorsteher erwählt und hatte die Herrschaft in dem größten Theile des Landes gewonnen. Aber Stockholm war noch im Besitz der Dänen, Gustav Wasa konnte es nicht erobern, weil es ihm an Schiffen fehlte und weil Severin Norby, auch Sören Norby genannt, Dänischer Armiral, ein tüchtiger Seemann und treuer Diener seines Königs, die Stadt mit Soldaten, mit Lebensmitteln, die er selbst hauptsächlich aus Finnland herbeiführen ließ, und mit Munition versorgte. Ihn daran zu verhintern und Gustav Wasa zum Besitz von Stockholm zu verhelfen, war die


Empfohlene Zitierweise:
Carl Friedrich Wehrmann (Hrsg.): Briefe an Matthias Mulich, geschrieben im Jahre 1523. In: ZVLGA 2, 1867, S. 296–347. Friedrich Asschenfeldt, Lübeck 1867, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Briefe_an_Matthias_Mulich.pdf/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)