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vnd heimgefallen / hernachmals denen von Cram / so ein alt vornehmes Adeliches Geschlecht / zum Mann-Lehen hinwiederumb eingeraumet worden / die es auch noch jetzo im Besitz haben.

Das Wohnhauß ist ein sehr altes / meist von Steinen auffgeführtes / vnd mit einem Wassergraben vmbgebenes Gebäude / hat mitten ein vierecketen alten Thurn / von dicken vnd festem Maurwerck / Ausserhalb deß Grabens ist das Hauß mit nohttürfftigen Vorwerckshöfen vnd Gebäuden versehen.

Sonsten ist der Ort mit Ackerbaw / Wiesen / Holtzungen / Garten vnd Teichen nach Notturfft / vor andern Gaben aber mit einer frischen gesunden Lufft vnd Wasser / von der Natur versehen. Dieses Wasser entspringet auß zwoen / vnweit vom Dorff vnd auff desselben Feldmarcken befindlichen Quellen.

In deß Hauses Bottmässigkeit vnd Gehöltze / auff dem Elm / hat es ein Vorwerck / das Grosse Rodt genant / dahero Zweifels frey / weil es auß der Samplebischen Holtzunge von vndencklichen Zeiten außgerottet / vnd zu Lande gemacht.

Der Ort grentzet mit der Statt Scheppenstett / vnd dem Dorff Kneitlingen / so ein Filial hiesiger Pfarr ist / vnd woselbsten der / wegen seiner thörichten Klugheit / oder klugwitzigen Thorheit gnugsam berühmeter Eulenspiegel gebohren worden / massen sein Hauß allda noch zu sehen / seine Abbildung auch auff einem Stein in diesen nechst entwichenen Kriegesjahren noch gezeiget / endlich aber / wegen deß zu grossen Anlauffs der zu sehen begierigen Kriegesleute / vmb Gefahr vnd Schaden zu verhüten / weggethan worden / damit dieser in seinem gantzen Leben gewesener Schadenfroh / nicht auch längst nach seinem Tode noch Schaden anrichten / vnd verursachen möchte.


Scharnbeck Closter.

Dieses Closter ist gestifftet vnd gebawet / nach der Geburt Christi Anno 1243. Die Stifftere sind gewesen Herr Otto / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / vnd Herr Luderus, Bischoff zu Verden. Es ist dieses Closter anfangs Steinbeck / von einem Bache / oder auff Nieder-Säxisch Bäcke / so die Closter-Mühle treibet / vnd durch das Closter in den Osterteich lauffet / nachmals aber der Jungfrawen Marien zu Ehren / Marienbäck / jetzt aber corrupt Scharnbäck genennet worden. Folgendes Anno 1253. ist das Closter mit vnterschiedenen Einkommen / als Zehendten / Saltzgefällen / Meyerhöfen / vnd anderer Nohtturfft begabet worden.

Dieses Closter ist an einem wolgelegenen Ort / wegen Holtzung / Ackers / Wiesewachs / vnd Fischereyen / gelegen / vnd erbawet: Ist nur eine halbe Meile von der Statt Lüneburg / vnd dem Closter Lüne: Die diesem Closter nechst fliessende Wasser / sind der Elbstrom / die Awe / vnd Nätze.

Anno 1453. ist allhier in der Kirchen ein Fürstliches Begräbnuß / an der seiten deß Chores / nicht weit vom hohen Altar / angeordnet / vnd außgemauret / darin beygesetzt worden Magdalena / eine Hertzogin zu Braunschweig vnd Lüneburg / eine geborne Maggräfin zu Brandenburg / deren Herr / Hertzog Otto / zu Braunschweig vnd Lüneburg / gewesen / vnd ist dasselbige Begräbnuß vor etlichen Jahren vnvermuhtlich geöffnet / vnd in demselbigen ein Eichenes Sarg / darin nichts / als die Hirnschal / ein Hauptküssen / vnd ein Rock / beedes von güldenem Leder / so aber alles vermodert gewesen / gefunden worden.

Anno 1528. ist dieses Closter vom Pabstumb abgetretten / dem Abte ein Hauptmann / Nahmens Dieterich von Elten / zugeordnet / welchem / die Closter-Intraden an sich zu nehmen / vnd Rechnung davon zu thuen / anbefohlen worden.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_285.jpg&oldid=- (Version vom 9.10.2022)