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Nienover.

Ist ein Fürstl. Calenbergisch Ampthauß / ligt im Sollinger Wald / ein Meil von der Statt Vßler / vff der lincken Hand / nach der Statt Huxar / auff einem hohen Berge.


Northeimb.

Diese Statt ist eine von den vornehmsten grossen Stätten deß Fürstenthumbs Braunschweig Lüneburg / Calenbergischen Theils / im Lande zu Göttingen / zwischen den beeden Wassern der Ruhme vnd der Leina gelegen / diese fleusst vom Mittage an der Northeimschen Feldmarckt herunter / die Ruhme aber kompt auß dem Osten / gehet in den einen Strom für dem Mühlenthor her / der ander Strom aber fleusset bey dem in anno 1432. erbaweten Siechenhause vorbey / über beede Ströme gehen zwo steinerne Brücken / vnd fället dahin die Strasse auß Hessen / Thüringen / vnd Eichsfelde / vnd dem Hartze / auch auß dem Stifft Hildesheim / daß es also ein zimblicher / vnd an der Landstrassen gelegener Paß ist / soll ihren Nahmen haben von den Northmannis, welche sich daselbst circa annum Christi 878. auffgehalten / oder von den Grafen von Northeim / in welcher Graffschafft sie für vielen Jahren gelegen.

Anno 1246. seynd die Mauren dieser Statt zu bawen angefangen / vnd nach ablauff verschiedener vieler Jahre dieselbe / sampt den Stattgraben vollendet / daran seyn inwendig gemauret 48. Thürner / außwendig aber 15. feine Zwenger / In diese Mauren seyn drey Thor gesetzet / das eine gegen Morgen / heisst das Oberthor / das ander nach dem Abend / das Hockelheimer Thor / weil da hinauß das Closter Hockelheim ligt / das dritte nach Mitternachtwerts / das Mühlenthor / weilen die Ruhm-Mühle vor demselben gelegen / vnd seyn diese drey Thore mit starcken vnd hohen Zwengern von aussen her wol versehen.

Es hat darinnen eine feine gewölbete Pfarrkirche / vnd in derselben eine schöne gegossene Tauffe.

Anno 1539. hat der Raht / Gilden vnd Gemeinde die Lehre deß H. Evangelii angenommen / vnd hierunter deß Einrahts Ern Antonii Corvini sich gebraucht / Es ist auch von dem Raht eine feine Schuel angerichtet / vnd mit qualificirten Praeceptoribus versehen / von denen die Jugend nach dero Gelegenheit zum fleissigsten informiret vnd angewiesen wird.

Zum Statt-Regiment ist ein gewisser Raht verordnet / welcher dasselbe administriret / wie dann auch darinnen gewisse Zunfften verhanden / die sich nach ihren Statutis achten vnd richten müssen.

Es werden in selbiger Statt jährlich vier Jahrmärckte gehalten.

Die Nahrung dieses Orts bestehet in dem Braw-Handwercke vnd Ackerbaw.

Es ist in der Statt ein Stifft belegen / S. Blasii genant / ist Anno 1050. von Hertzog Otten in Bayern / Graffen zu Northeimb gebawet / vnd weil es von Graff Adolph von Dassel gantz vnd gar / vnd darinnen zugleich die fürnehmsten Personen / an der Zahl fünffzehen / darunter verschiedliche HerrenStandes vnd vom Adel gewesen / sampt allen Monumenten vnd Kleynodien / so Hertzog Otto der Fundator dahin gegeben / jämmerlich verbrant / hat es Graff Sigfried von Northeim / Anno 1141. von newem wieder erbawet.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_255.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)