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S. Lorentii Closter.

Das Closter S. Lorentz vor Schöningen / ist anfänglich ein Nonnen-Closter gewesen / wer solches aber zu erst fundiret / davon ist wegen länge der Zeit keine eigentliche Nachrichtunge zu befinden.

Etzliche der Antiqität Erfahrne seynd in den Gedancken begriffen / daß es von Fraw Oda, einer Gräfin / gebohren auß Königlichem Stamm / dem heiligen Martyrer Laurentio zu Ehren erbawet worden / aber durch vnterschiedliches überfallen der damals angrentzenden Barbarischen Völcker / gäntzlich verwüstet / vnd Anno Christi 982. durch grausames wüten jetztgedachter Völcker / in die Asche geleget sey. Wer nach der Zeit das Closter etwas wieder angebawet / bewohnet / vnd die Güter fast bey 140. Jahren genossen / davon hat man gleichfalls nicht gewisses / vermuhtlich ist es aber / daß nach solcher Verwüstung etzliche von den Nonnen sich an den Ort hinwieder begeben / vnd ihr Auffenthalt von den Gütern gehoben haben. Dann es melden die Geschichtschreibere / daß / als Reinhardus der 15. Bischoff zu Halberstatt / dieser Oerter kommen / habe er Nonnen daselbsten gefunden / welche ihre Ergetzlichkeit mehr in verbottener Wollust deß Fleisches / vnd allerhand Vppigkeit / als in Gottesfurcht / eingezogenem Leben vnd Wandel gesuchet; Dahero er dann über solche Gottlosigkeit sich entrüstende / Sie auß dem Closter vertrieben / vnd ohngefehr im Jahr 1121. zu einem Münchs-Closter vffs newe gewidmet / gestalt er dann auß dem Closter Hamersleben etzliche Brüder / deß Augustiner-Ordens / dahin vociret / vnd ihnen solches Closter angewiesen / es auch mit vielen herrlichen Aeckern / Wiesen / Wäldern / vnd andern Auffkunfften dotiret.

Zu der Zeit war ein Praepositus zu Hamersleben / Nahmens Thetmarus, welchen gemelter Bischoff Reinhardus, wegen seiner Frömmigkeit / vffrichtigen Wandels / auch Erudition vnd Geschicklichkeit / zum ersten Probste deß Closters S. Laurentii verordnet / vnd weiln derselbe befand / daß in den vorigen Zellen für ihn vnd seine Mitbrüdere keine Gelegenheit / hat er im Obertheil deß Closters ein ander Gebäwde zu ihrer Wohnung aptiret / auch bey 2. Jahr wol Hauß gehalten / als Ihm aber zu schwer gefallen / dem Closter Hamersleben vnd diesem vorzustehen / hat er abgedancket / vnd sich mit Hamersleben allein begnügen lassen / vnd ist endlich Anno 1138. zu Rom gestorben.

Diesem Thietmaro ist Walterus vnd andere mehr succediret / welche das Closter von Jahren zu Jahren augiret vnd vermehret haben / inmassen die Closter-Chronike davon nach der länge Nachrichtung gibt.

Sonst hat die Closter-Kirche ein fein hoch Gewölbe / mit drey Thürnen / daß sie dem Stättlein Schöningen ein fein Ansehen mit gibt / ligt in einer guten Gegend / im Fürstenthumb Braunschweig Wolffenbüttel / hat einen schönen weiten Prospect ins Stifft Magdeburg vnd Halberstatt / vnd gegen dem Hartzwald: Es ist auch ein schön klarer Springbrunn in deß Closters Baumgarten / welcher etzliche Mühlen vor vnd in dem Stättlein Schöningen treibet / wovon auch das Fürstl. Schloß vnd das Stättlein alles Wasser haben.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_212.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)