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Mitzschefal in Stockey, Joachimus Görtze in Olenhausen, JCtus, Johannes Stromer J. U. D. Philippus Ratzenberg Med. Doctor, et alii, qui ex lignatore huc vocato omnem rem cognoverunt, Affirmabat ille, vermem fuisse longum ad 18. pedes, crassitie aequasse, ur ille ajebat, femur viri, capite feli non absimilem colore viridem et flavum sibi visum fuisse, pedes in ventre habuisse.

An jetztangeregten Wurmberg stosset der Brocken / oder Brocksberg / vulgo Blocksberg / zu Latein Melibocus, Bructerus.


Bructerus Hercyniae montes supereminet omnes.

Und ist gleichsam der Ober-Auffseher deß gantzen Hartzgebürges / sintemal er von so grausamer Höhe und Grösse / daß er weit in secundam aeris regionem reichet / daher seine Spitze die meiste Zeit deß Jahrs mit Schnee und Wolcken bedeckt ist. Wenn der Schnee ungefehr nach Johannis deß Tauffers Fest / durch die Hitze der Sonnen herunter gebracht / und das Wetter helle ist / kan man von demselben Berge die Städte Magdeburg / Braunschweig / Lüneburg / und andere mehr / gar eigentlich ersehen / ja so gar von ferne die Ost- und West-See erkennen. Gedachter Berg / ob er wol einer gewaltigen Höhe / ist er dennoch fast über die Helffte der Höhe gantz sumpffig / daher auch an den meisten Oertern so wenig das Holtz / als das Graß / Menschen und Viehe zu Nutz kommen / oder herunter gebracht werden kan / sondern verfaulen und verderben muß. Es finden sich aber noch etliche Fußsteige / deren man sich im hinauffsteigen gebrauchen kan; inmassen dann vor etlichen Jahren Hertzog Heinrich Julius zu Braunschweig und Lüneburg / glorwürdigen Andenckens / einen breiten Weg von starcken Dannenbäumen über die Steinfelsen / unter denen das Wasser durchrauschet / verfertigen lassen / daß man mit einem Wagen / biß an die Helffte deß Berges fahren können: Es ist aber solcher Bolweg / wie er genennet wird / nunmehr gantz verfallen. Verwunderns aber solcher Bolweg / wie er genennet wird / nunmehr gantz verfallen. Verwunderns werth ist wol / daß oben am Berge / auff einem ebenen Plan / zwey viereckige Sümpffe / oder Heller / ziemlicher Grösse seyn / und fast auff der Spitze deß Berges / ein schöner Crystall-klarer Brunn entspringt / wobey / weil dieser Wirth gern borget / sich vor diesem eine ziemliche Menge Kerbhöltzer befunden / so von den jenigen / welche auff den Berg kommen / und auß dem Brunnen getruncken / zum Gedächtnuß dabey gelassen. Daß es also fast das Ansehen hat / als ob Gott und die Natur solche Heller und Brunnen oben an / und auff diesem überhohen Berge / gleichsam als Cisternen / zu dem Ende formiret / daß das Gewässer / so per evaporationem in visceribus montis generiret / in diesen Cisternen darumb gesamlet werde / damit die Bode / Ocker / Holtzemme / und andere Flüsse / so auß dem Brocken entspringen / und gleich allem Wasser / nach dem aequilibrio lauffen / desto tieffer fallen solten / auff daß sie umb so viel höher hinwieder steigen / und das Land hin und wieder fruchtbar machen möchten.


Kräuter und Gewächse.

Ja man kan mit Warheit auß solcher und andern Ursachen wol sagen / daß die Natur in dieser Gegend und Grafschafft recht ihren Spielplatz und Lustgarten habe / zumal sie diesen Ort mit so mancherley Gattung schöner fruchtbarer und heilsamer Kräuter / Blumen und Gewächsen gezieret / nicht anders / als ob sie das jenige / was sie anderswo in verschiedenen Landen nur eintzeln gepflantzet / in diesen Refier / gleich als in ihrem Lustgarten / dicke und in grosser Menge setzen und erziehen wollen: Inmassen dann diese Gegend denen / die in botanicis verliebet / über die 500. Species simplicium gar wol praesentiren könte; insonderheit wächset die genista major, so man allhie Gelster nennet / in officinis und Apothecken hoch berühmt / und ein trefflich epaticum ist / dieses Orts uff dem Lande / hart vor dem Hartz / und in den Vorbergen im Hartz / hauffenweiß und in grosser Menge / und gibet dem Viehe recht gesunde Wäide. Ein mehrers leidet instituti nostri ratio nicht; wer mehr Specialia hievon zu wissen begehret /

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_037.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)