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reiche Bergwercke von allerhand Metall / wie auch gute Eisenhütten / herrliche Saltzwercke / vnd fischreiche gesunde Flüsse / seynd darin verhanden / die Elbe fleusset an der einen / die Weeser an der andern Seite her: vnd durch / also / daß Handel vnd Wandel / wegen solcher schiffreichen Flüsse / nicht wenig kan befodert werden.

Was für Völcker diese Hertzogthümber vnd Lande in alten Zeiten bewohnet / darin seynd die Geschichtschreiber nicht allerding einig; Auß deß vortrefflichen Scribenten Cornelii Taciti, libro primo et secundo annalium, woselbst der gewaltige Feldzug der Römer wider die Teutschen / mit vielen Vmbständen beschrieben wird / erhellet gnugsamb / daß diese Länder damals zu den Zeiten Kaysers Augusti vnd Tiberii, vnd also vor: vnd nach Christi Geburt / von den berühmten vnd streitbaren Völckern / den Cheruscis (den Körischen) seyn bewohnet gewesen. Als der berühmte Römische Kriegsheld Germanicus, deß Tiberii Wahl-Sohn / mit einem überauß grossen Kriegsheer / darin nicht allein die alten besten Römischen Legiones, sondern auch der Hispanier / Gallier / Ober- vnd Nieder-Teutschen auxiliares cohortes, in grosser menge befindlich gewesen / biß an die Weeser kommen / hat sich der tapffere Hertzog vnd General der Cheruscorum, Hertzog Arminius, vnerschrocken angefunden / wie dann Tacitus lib. 2. mit diesen Worten setzet: Flumen Visurgis Romanos Cheruscosque interfluebat: Ejus in ripa cum caeteris primoribus Arminius adstitit quaesitoque an Caesar venisset, postquam adesse, responsum, ut liceret cum fratre Flavio conloqui oravit. Es seynd auch dieses mahl in dem Römischen Kriegsheer vnter den Auxiliaribus mit gewesen die Chauci, so damals jenseit der Weeser gewohnet / vnd als die darauff erfolgte grausame Feldschlacht den Cheruscis widerig gefallen / Hertzog Arminius auch verwundt worden / haben die Chauci, welche Ihn gekant / Ihme davon geholffen / Inmassen Tacitus saget / Arminium agnitum a Chaucis inter auxilia Romana agentibus emissumque quidam tradiderunt. Philippus Cluverius lib. 3. German. antiq. cap. 19. beweiset gleichfalls / so wol auß dem Tacito, als andern Scribenten / daß die Cherusci, ein mächtiges Volck / die jetztgenante Länder Braunschweig vnd Lüneburg / besessen haben / Eben derselbe hält auch dafür / daß die vom Tacito gemelte Cathulci, oder Cathulcones, an den Orten / da jetzo Lüneburg vnd Dannenberg ist / zwischen der Netze vnd Awe / gewohnet haben / wie dann die Statt Vltzen ihren Nahmen annoch von diesen Cathulcis überkommen / vnd behalten haben soll. Gewiß ist es / daß bey Zeiten Kayser Karln deß Grossen / diese Oerter nebenst vielen andern / vnter dem Nahmen deß Sachsen-Landes / mit begriffen gewesen / Inmassen das mächtige Volck / die Sachsen / damals in dreyerley Völcker abgetheilet worden / nemblich die Engern / Westphalen / vnd Ostphalen / (Witechindus monachus Corbejensis lib. 1.) vnd diese Letzten zwischen der Weser / Elbe / vnd dem Hartze gewohnet / auch nunmehr den alten Nahmen der Sachsen fast allein behalten.

Von der Vhrankunfft vnd Nahmen der Sachsen / seynd die Scribenten nicht allein nicht einstimmig / sondern machen auch davon viel fabulirens / so gar / daß der fleissige vnd berühmte Geographus Philippus Cluverius lib. 1. Germ. antiq. davon also saget: Gentis Saxonum primordia et originem, et quas putant antiquitates apud nostros relegentem, pudor occupat et confusio faciei ita puerilibus fabulis et anilibus deliramentis omnia scatent. Es ist zwar im Caesare, Tacito, Strabone vnd Plinio, der Nahm Saxo vnbekant / vnd nicht zu finden / weilen die Sassen oder Sachsen damals über die Elbe / vnd etwa nach der Ost-See ihren Sitz gehabt / Ptolomaeus ist der Erste / welcher der Saxonum gedencket. Es seynd aber die Sachsen vnlaugbar ein vhraltes Geschlecht / vnd natio Teutsches Geblüts vnd Teutscher Ankunfft / welche nicht allein diese angrentzende Ober- vnd Nieder-Sächsische Lande / vor viel hundert Jahren eingenommen / sondern seynd auch die allerersten bekante Teutsche Schiffleute gewesen / vnd haben sich immer mehr nach dem Oceano

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Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_010.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)