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wieder zwei Mal am Grabe, und endlich singen die 2 Engel am Grabe beim Nahen der Frauen Quem quaeritis.

Höchst sonderbar ist der Judengesang. Dieser ist uns für’s Jahr 1583 völlig erhalten, sammt den Noten; Renward Cysat hat ihn gedichtet, aber wohl nicht selbständig, sondern nach ältern Vorlagen. Die Juden singen 24 Mal, z. B. wenn sie in der Wüste dürsten, wenn Moses auf den Berg steigt, wenn sie das goldene Kalb anbeten, wenn die 4 Ritter die getödteten Kindlein herbringen, bei dem Begräbniß des Lazarus, wenn Lucifer mit Judas gesprochen hat u. s. w. Die Judengesänge sind nur kurz, gewöhnlich 3–5 Zeilen; der längste ist der unten angeführte. Theils enthalten sie lauter unsinnige Wortgebilde, vermischt mit hebräischen, griechischen, lateinischen Wörtern, theils plumpe Witze in deutscher Sprache. Den Gesang beim goldenen Kalb müssen sie hoppend, auf einem Beine hüpfend, vortragen. Wenn Aaron das goldene Kalb gießt, singen sie:

Sind frölich, sind frölich all,
Dem nüwen Gott mit richem Schall
In cordis mambre jubilo
Hebron, lehem lo, lo, lo
Pater noster Pyrenbitz
In dem Namen Taberitz
Taberitz und Isaac
Isaac und Abraham
Abraham und Kichrion
Kichrion und Schlachischloss
Schlachischloss und schwynin Fleisch
Trybt den Juden us den Schweiss
Und ist inen viel zu feiss.

Empfohlene Zitierweise:
Renward Brandstetter: Zur Technik der Luzerner Osterspiele. Buchdruckerei der "Allgem. Schweizer Zeitung", Basel 1884, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brandstetter_Zur_Technik_der_Luzerner_Osterspiele.pdf/27&oldid=- (Version vom 15.9.2022)