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Endredaktion in Domitians Zeit und hinter der Quelle aus Vespasians Zeit noch eine weiter zurückliegende Quelle anzunehmen sei, in der die Häupter des Tieres, also die römischen Cäsaren, noch gar keine Rolle spielten. Das ist die Meinung von Spitta, der sich Pfleiderer II 321 und J. Weiß 19ff. 121 anschließen. Sp. gebührt das Verdienst, zuerst darauf hingewiesen zu haben, daß in Kap. 17 das Bild (V. 1-6) und die Deutung des Bildes (V. 7ff.) nicht recht mit einander stimmen. Im Bilde reitet das Weib auf einem scharlachenen Tier; dieses Tier ist nur ein Nebenzug in dem Bilde, in dem vor allem die Üppigkeit und Pracht des Weibes hervorgehoben wird. Dagegen erscheint in der Deutung das Tier als die Hauptfigur, und ganz unerwarteter Weise tritt es hier, während es früher der Träger der Macht des Weibes ist, nunmehr als dessen Zerstörer auf. Sp. strich deshalb V. 7-18. Er hat den Eindruck seiner Kritik selbst abgeschwächt durch die willkürliche Verlegung des stehengebliebenen Torso in die Pompejuszeit. Auch Pfleiderer erkennt die hier vorliegende Diskrepanz an. Besonders eindrucksvoll und energisch hat J. Weiß die Kritik fortgesetzt, aber auch etwas verändert. Er beläßt dem Tier auch in der Urquelle seine sieben Häupter und läßt ferner der ersten Quelle die einfache Deutung der sieben Häupter auf römische Cäsaren. Er setzt deshalb seinerseits die Quelle unter Vespasian an („der sechste, der ist“). In dieser sei ganz allgemein der Untergang Roms, des üppigen Weibes, geweissagt, über der Gott und nicht das Tier das Gericht halte. Dieselbe Auffassung zeige auch das Kap. 18, in welchem Gott das Strafgericht vollziehe. (Auch Sp. rechnete bereits Kap. 18 mit 17,1-5 zusammen zu J².) Der Bearbeiter unter Titus habe dann erst die Wendung eingebracht, daß das Tier (Pseudo-Nero) sich mit den zehn Königen (den Parthern) gegen das Weib wenden werde. Da er unter Titus schrieb und dieser doch nicht der furchtbare, feindliche König war, den der Apok. erwartete, habe dieser künstlich ein achtes Haupt eingefügt und dieses dann noch mit dem Tiere identifiziert. Diese Weissagung habe endlich der Apok. letzter Hand übernommen. Ihm erst sei das Tier, das er nun auf Domitian, als den Nero redivivus beziehe, der Feind und Gegner des Lammes geworden. Ich kann mich Weiß weder in der Unterscheidung zweier Apokalyptiker aus Vespasians und Titus Zeit, noch (s. o.) in der Beziehung des Tieres auf Domitian im Sinn des Apok. letzter Hand anschließen. Aber ich kann mich den gemeinsamen Gründen von Sp., Pfl., Weiß nicht ganz verschließen. Ich halte es nicht für unmöglich, daß der von mir nachgewiesene Apok. aus Vespasians Zeit das Bild, das er 17,6ff. deutete, das Weib auf dem Tiere (vielleicht ohne die Häupter), bereits vorfand. Weiter kann ich aber nicht mitgehen. Alle weiteren Schlüsse über die Herkunft des kleinen Fragments scheinen mir unmöglich zu sein, selbst wenn Kap. 18 tatsächlich mit 17,1-5 verbunden werden müßte.

Aller Wahrscheinlichkeit nach ist aber auch die Weissagung von den sieben Königen, deren letzter nur eine kurze Weile bleiben soll, übernommenes Gut, das aus uralter Überlieferung stammt. Die Anschauung, daß sieben Herrscher in der Welt herrschen werden, ist nämlich eine weitverbreitete. Sie

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Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 417. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S417.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)