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ὁ εἷς ἔστιν kaum entstehen konnte, wenigstens nicht in den Provinzen. Dann würde es sich weiter fragen, ob man mit dem ὁ εἷς ἔστιν wirklich ernst machen darf, oder ob hier ein zurückdatiertes vaticinium ex eventu vorliegt. Diese Frage ist bei der ersten Lösung (Galba, Otho) einigermaßen irrelevant, bei der zweiten sehr wichtig. Nimmt man das ὁ εἷς ἔστιν ernst, so wäre dann unser Stück unter Vespasian geschrieben; betrachtet man die Weissagung als vaticinium ex eventu, dann wäre sie nach dem Tode des Titus anzusetzen, und der nachher erwähnte achte Herrscher müßte dann Domitian sein[1]. Das Gegebene ist es nun doch, den hier redenden Apok. ernst zu nehmen und ihm zunächst kein vaticinium ex eventu gegenüber seiner ausdrücklichen Versicherung zuzutrauen, also die Weissagung unter Vespasian anzusetzen. Dann aber erhebt sich die Frage, wie der Apok. dazu kommt, dem siebenten Herrscher nur eine kurze Dauer zuzuschreiben. Dstd. löst die Frage durch die Annahme, daß man schon zur Regierungszeit Vespasians von Nachstellungen des Domitian gegen den Thronfolger Titus gewußt hätte, wie denn auch später das Gerücht entstanden sei, daß Domitian den Titus ermordet habe. Bei dieser Voraussetzung wäre dann Domitian der geweissagte achte Cäsar. Man könnte vielleicht die Weissagung auch daraus erklären, daß der Apok. von dem zerrütteten Gesundheitszustand des Titus gewußt hätte, der bei seiner Thronbesteigung (wenn nicht schon vorher) unheilbar erkrankt war. Plutarch, de tuenda sanit. praecepta c. p. 123D; Dio Cassius LXVI 26,2; Sueton, Titus 7; Schiller, römische Kaiserzeit I² 520; vgl. P. Schmidt 42,1. Doch bietet sich möglicher Weise eine noch einfachere Erklärung. Man darf nämlich annehmen, daß der hier redende Apokalyptiker von der ihm überkommenen Anschauung ausgeht, daß das römische Imperium bis zu seinem Untergang sieben Herrscher haben müsse (s. u.). Da er nun unter dem sechsten lebte, so mußte er noch einen siebenten weissagen, und dieser konnte noch nicht der zurückkehrende Nero sein. Denn dieser war ja schon unter den sechsen. Also mußte er noch einen Herrscher weissagen; da er aber von der Nähe des Endes überzeugt war, so konnte dieser nur kurze Zeit noch regieren. Ja es wäre möglich, daß es in der hier übernommenen Tradition bereits geheißen hätte, das Regiment des siebenten Herrschers soll nur ein kurzes sein. Auch IV Esra 12,30 wird als letztes ein regnum exile et turbationis plenum geweissagt. Wie man nun aber auch das αὐτὸν δεῖ μεῖναι erklären möge, sicher scheint mir, daß der vorliegende Vers ursprünglich unter Vespasian geschrieben war.

17,11. καὶ τὸ θηρίον, ὃ ἦν καὶ οὐκ ἔστιν (man beachte, daß hier das μέλλειν ἐκ τῆς ἀβύσσου nicht wieder aufgenommen wird), καὶ (entspricht dem folgenden καί) αὐτὸς[2] (auf θηρίον κατὰ σύνεσιν bezogen) ὄγδοός ἐστιν καὶ ἐκ τῶν ἑπτά ἐστιν. Das Tier ist auf der einen Seite selbst der achte und gehört doch zu den sieben. Die Beziehung auf Nero


  1. Einen Mittelweg schlägt Weyl. ein, der zwar das ὁ εἷς ἔστιν auch nicht wörtlich nimmt, aber die Apk. unter Titus geschrieben sein und den Apok. nicht den Domitian, sondern den Nero redivivus weissagen läßt.
  2. ουτος ℵQ Rel. (exc. An¹³(⁴)).
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Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 407. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S407.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)