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Not des Weibes entweder auf die Zerstörung Jerusalems und die Not des Judentums, oder auf eine Verfolgung der urchristlichen Gemeinde bezogen werden. Was nun die Erklärung des V. 13 betrifft, so ist Sp. zuzugeben, daß die Erzählung: „als der Drache sah, daß er auf die Erde geworfen war“, auffallend steif und ungeschickt ist. Es hat den Anschein, als wenn hier eine Naht sichtbar wird, durch welche der Apok. divergierende Elemente mit einander verbindet, zumal V. 13 in merkwürdiger Weise auf V. 6 zurückgreift. (Vgl. Hippolyt, de antichr. c. 60.) Ließe man übrigens ὅτι ἐβλήθη εἰς τὴν γῆν fort, so schlösse sich V. 13 unmittelbar an V. 6 an.

12,14. καὶ ἐδόθησαν τῇ γυναικὶ αἱ[1] δύο πτέρυγες τοῦ[2] ἀετοῦ τοῦ μεγάλου. Zur Flucht des Weibes vergleicht Vlt., IV 79, Micha 4,8-10: „Weshalb schreist Du so laut ... Winde Dich und kreise Zion wie eine Gebärende. Denn nun wirst Du zur Stadt hinaus müssen und draußen auf freiem Felde lagern und bis Babel gelangen. Dort wirst Du Rettung erfahren“ (vgl. Jes 51,3). Die Berührungen sind auffällig. Doch kann ich sie nur für zufällig halten. Daß sich jene Symbole des A. T. zu einem Mythus, wie er hier vorliegt, verdichtet haben sollten, ist ganz unmöglich. Schwierigkeiten bereitet die Einführung „des großen Adlers“ mit dem bestimmten Artikel. Ganz fern liegt die Parallele Ex 19,4; (Dt 32,11; Jes 40,31): ἀνέλαβον ὑμᾶς ὡσεὶ ἐπὶ πτερύγων ἀετῶν. Nach Ew. I (vgl. Jud 6,15; I Sam 17,14) soll der Artikel Hebraismus sein, nach Dstd. soll er generisch zu verstehen sein. Die Erklärung ist einfacher. Der Apok. oder sein Vorgänger hat noch eine deutliche Erinnerung daran, daß ursprünglich hier ein ganz bestimmter Adler gemeint sei. Mit der Frage, was das für ein Adler sei, können wir uns erst weiter befassen, wenn wir die hinter Kap. 12 liegende mythologische Tradition untersuchen. ἵνα πέτηται εἰς τὴν ἔρημον εἰς τὸν τόπον αὐτῆς, ὅπου[3] τρέφεται ἐκεῖ (s. Einleitung S. 160) καιρὸν καὶ καιροὺς καὶ ἥμισυ καιροῦ ἀπὸ προσώπου τοῦ ὄφεως. Dan 7,25 עדן ועדנין ופלג עדן; Da 12,7 מועד מועדים וחצי; עדנין und מועדים sind ursprünglich als Duale gedacht; das war jedoch ohne Punktation nicht zu erkennen, und so übersetzte schon die LXX mit dem Plural (Gunkel 200,2). Über die Zeitbestimmung selbst s. 11,2; 12,6f. Zur wunderbaren Ernährung des Weibes vgl. Ps 78,24; 105,40. ἀπὸ προσώπου τοῦ ὄφεως ist Hebraismus = מפני. Vgl. Ri 9,21: ἔφυγεν ... καὶ ᾤκησεν ἐκεῖ ἀπὸ προσώπου Ἀβιμέλεχ.

12,15. καὶ ἔβαλεν ὁ ὄφις ἐκ τοῦ στόματος αὐτοῦ ὀπίσω τῆς γυναικὸς ὕδωρ ὡς ποταμόν, ἵνα αὐτὴν ποταμοφόρητον ποιήσῃ. ποταμοφόρητος ist ein sonst in der biblischen Gräzität nicht vorkommendes Wort; vgl. die Bildung ἀνεμοφόρητος. Hesych (ed. Alberti I 461) zu Hom. Il. IV 348 erklärt: ἀπόερσεν durch ποταμοφόρητον ἐποίησεν (Dstd.). Vitringa erklärt: ut aquis fluvii abreptam submergeret. Parallelen wie Hos 5,10;


  1. ACP An.¹² 95 Hipp.e.r (antichr. 61 doch nicht 60); > αι ℵQ Rel. (Hipp.?).
  2. > ℵ s¹ a.
  3. ACP An.¹² 95 f g vg. c s² a ae. Pr. Tic. Hipp.; Q Rel. s¹ οπως τρεφηται.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 344. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S344.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)