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Apok. hätte etwa schreiben müssen (vgl. B. Weiß): ἐγένετο τὸν Μιχαὴλ καὶ τοὺς ἀγγέλους τοῦ πολεμῆσαι. Vgl. dazu Apg 10,25: ὡς δὲ ἐγένετο τοῦ εἰσελθεῖν τὸν Πέτρον; ferner zu dem Inf. mit τοῦ Apg 3,2.12; zu dem Gebrauch von γίνεσθαι Lk 10,32 (D it.); Joh 6,25; Apg 20,16; 21,17; 25,15 (vgl. Züll., Ew., Bleek). Zu der Idee des himmlischen Kampfes vergleicht Sp. II Makk 5,2f.; Josephus B. J. VI 298; Sibyll III 796—808[1]. Zu der Vorstellung, daß der Drache hier mit Gewalt den Himmel zu stürmen sucht, finden sich Parallelen[2] in der persischen Mythologie (Ahriman stürmt am Anfang der Weltgeschichte den Himmel und wird abgeschlagen, Bundehesh 3,11.26; Spiegel, eranische Altertumskunde II 121, 179f.; s. Weiteres unten), in der Mythologie der Manichaeer (Flügel Mani 87), der Mandaeer (Brandt, Mand. Schr. 178. 181f., namentlich 231f.); ferner im griechischen Apollomythus (s. u.). An den persischen Mythus vom Sturm Ahrimans gegen den Himmel erinnert ferner slav. Henoch 29,4f.[3] Was übrigens in dieser ganzen Überlieferung als ein Mythus der Urzeit erscheint, ist hier eine eschatologische Phantasie geworden (Genaueres s. u.). Sehr bedeutsam ist hier nun endlich die hervorragende Stellung des Erzengels Michael, als des Drachenbesiegers. Dieser Zug deutet direkt auf eine jüdische, resp. judenchristliche Hand. Der Erzengel Michael nimmt in der Phantasie des Spätjudentums eine erstaunlich hohe Stellung ein. Schon bei Daniel ist es der Engel des Volkes 10,13.21, der streitbare Held gegen die Feinde der Endzeit 12,1. Vgl. Hen 20,5; Testament Levi 5; Dan 6; Himmelfahrt Moses 10,2 und die Rolle, welche Michael in einem Zweig der Tradition vom Antichrist bei der Besiegung desselben spielt (Bousset S. 151ff.). Er ist der ἀρχιστρατηγός, so wahrscheinlich schon Dan 8,11 in der Übersetzung der LXX, slav. Henoch 22,6 (Rec. A); 33,10; vgl. Hen 60,4. Er führt im obersten Himmel die Akten (die Bücher des Lebens) Himmelf. Jes. 9,21-23, er ist der große Fürbitter für die Sünden des Volkes (und der Menschen) Test. Dan 6; Test. Levi 5; Hen 40,9; 68,2; Himmelf. Jes. (lat.) 9,23; slav. Apk Baruchs 11ff. Er ist der Bewahrer des großen Zauberwortes, mit dem Gott Himmel und Erde gegründet hat, Hen 69,14ff., der Gesetzgeber Apk Mos. (Βίος Ἀδάμ), Überschrift. Ja, man kann sagen, daß die Figur des Erzengels Michael vielleicht schon die Logosspekulation Philos, hier und da auch die christologischen Spekulationen des ersten Jahrhunderts beeinflußt hat. Die Christologie des Hermasbuches wird erst dann verständlich, wenn man eingesehen hat, daß Christus hier genau an die Stelle tritt, welche in der jüdischen Engelspekulation der Erzengel Michael eingenommen hat. So ist es denn auch begreiflich, wie selbst für einen christlichen Apokalyptiker


  1. Vgl. besonders 805f.: ἐν νεφέλῃ δ’ ὄψεσθε μάχην πεζῶν τε καὶ ἱππέων – οἷα κυνηγεσίην θηρῶν, ὀμίχλῃσιν ὁμοίην.
  2. Von einem solchen Himmelssturm des Drachen handelt wahrscheinlich bereits Dan 8,10f., vgl. noch den im hebr. Text gänzlich fehlenden interessanten Satz der LXX: καὶ δι’ αὐτὸν τὰ ὄρη τὰ ἀπ’ αἰῶνος ἐῤῥάχθη.
  3. Zu vergleichen sind endlich einige allerdings erst in später Zeit nachweisbare Züge in der Sage vom Antichrist und in der Simon Magus-Sage. Bousset, Antichrist 96ff.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1906, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S340.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)