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ist, aber als eine Digression, in welcher der Apok. sich Rechenschaft über den weiteren Verlauf seiner Offenbarung zu geben bemüht, da die Fülle der Gesichte allmählich eine gewisse Unordnung herbeizuführen droht. Es ist aber nicht nur als eine Einleitung zu 11,1-3 zu betrachten, vielmehr weist der letzte Vers: „Du mußt wiederum weissagen über Völker und Nationen, Sprachgebiete und Könige“ weit über 11,1-13 bis zu Kap. 17 und 18 hinaus. So steht das Kap. 10 in der Mitte der ganzen großen Komposition und bildet eine mächtige Klammer, durch welche die auseinanderfallenden Bestandteile zusammengehalten werden. Es schaut rückwärts in der Schilderung der Engelerscheinung auf Kap. 1, in der Erwähnung des siebenten Posaunenengels auf die sechs ersten Posaunen, mit dem χρόνος οὐκέτι ἔσται (V. 6) auf 6,9ff., und vorwärts auf das μυστήριον τοῦ θεοῦ, das in Kap. 12 sich enthüllen soll: die erst süße und dann bittere Offenbarung vom Sturz des Drachens aus dem Himmel und seinem letzten großen Kampf auf Erden, bis zu den Königen, die mit dem Lamme kämpfen (Kap. 17). Bei alledem bleibt die Möglichkeit bestehen, dass der Apok. letzter Hand zugleich in Kap. 10 einige Verse, die ursprünglich Einleitung zu dem Quellenstück 11,1ff. waren, verarbeitet hat (vgl. J. Weiß). doch wird sich Genaueres hier kaum ausmachen lassen.

Von Redewendungen des Apok. bemerke noch außer den oben genannten: V. 6 τῷ ζῶντι εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων 1,18; 4,9.10; 15,7; ὃς ἔκτισεν τ. οὐρ. etc. 14,7 (vgl. die Dreiteilung οὐρανὸς γῆ θάλασσα); V. 7 εὐαγγελίζειν im Akt. und mit dem Akkus. 14,6; τοὺς ἑαυτοῦ δούλους τοὺς προφήτας 1,1 bis.; 11,18; (15,3); 19,2.5; 22,3.6; V. 11 ἐπὶ λαοῖς καὶ ἐπὶ ἔθνεσιν etc. s. o. S. 176.


11,1-2. Die Ausmessung des Tempels. 11,1[1]. καὶ ἐδόθη μοι κάλαμος ὅμοιος ῥάβδῳ[2], λέγων. Eine sehr harte Konstruktion. Zunächst bleibt das Subjekt des Satzes unbestimmt. Das Nächstliegende ist, an den Engel Kap. 10 zu denken (nicht etwa an Christus). Zu κάλαμος ὅμοιος ῥάβδῳ vgl. Ez. 40,2 קְנֵה הַמִּדָּה; LXX κάλαμος μέτρον. Das Partizip λέγων ist ganz lose angehängt, bezieht sich aber jedenfalls auf das in ἐδόθη vorausgesetzte Subjekt. „Man gab mir ein Rohr ... und sprach.“ ἔγειρε (wohlan, das hebräische קוּם) καὶ μέτρησον τὸν ναὸν τοῦ θεοῦ καὶ τὸ θυσιαστήριον καὶ τοὺς προσκυνοῦντας ἐν αὐτῷ. Das Ausmessen kommt im alten Testament als Symbol von dreierlei Bedeutung vor. Ausgeschlossen ist hier durch den Zusammenhang der Ez 40,1ff.; Apk 21,15ff. vorliegende Gedanke, daß ein zukünftiges Gebäude vorweg in allen seinen Teilen genau dem Seherauge dargestellt werden soll. Es bleiben zur Wahl nur die beiden Deutungen, daß durch das Werfen der Meßschnur das angezeigt wird, was erhalten bleiben, oder was zerstört werden soll. Der Gedanke der Erhaltung liegt vor Sach 2,5ff., der Gedanke


  1. Vgl. Kübel, apokalyptische Studien, Z.W.L. 1881; Wabnitz, die Ausmessung des Altars, Z. f. Prot. Theol. XI 134f.
  2. Pr. ändert in dem Satzgefüge εδοθη in dedit.; Qcc An.³⁴ s¹² a Vict. interpolieren vor λεγων: και ο αγγελος ειστηκει. An.² statt λεγων: και φωνη λεγουσα.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. , Göttingen 1906, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S315.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)