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J. Weiß 78 hebt hervor, daß weder hier noch 9,4 von der Sünde der Anbetung des Tieres die Rede ist. Das ist in der Tat ein Beweis mehr dafür, daß der Apok. in Kap. 9 wesentlich herübergenommenes Gut weitergibt (doch nicht wie Weiß will ein Indizium für die Beurteilung der von ihm angenommenen Urapokalypse).

Es ist bemerkenswert, daß von den Plagen — bei der fünften sowohl wie bei der sechsten ist das ausdrücklich vermerkt — nur die Ungläubigen betroffen werden (Sp.). Die ganze Posaunenvision steht noch unter der Stimmung von 7,4-8 (Versiegelung der Gläubigen) und 8,3-5 (Unterstützung des Rachegebets der Gläubigen durch den Engel). Es ist aber nicht einzusehen, weshalb dieser Gegensatz auf jüdischen Ursprung deuten sollte und nicht ebenso gut auf christliche Herkunft des Stückes. Spezifisch Christliches bieten die Kap. 8 und 9 ja nicht, aber deshalb sind sie noch nicht jüdisch. (Weiteres über diese Kap. s. am Schluß von Kap. 11, in der Besprechung der Sieben-Posaunen-Vision als eines Ganzen.)


B. Das Intermezzo. Kap. 10,1-11,19

Einleitung 10,1-11.

10,1. καὶ εἶδον [ἄλλον][1] ἄγγελον ἰσχυρὸν καταβαίνοντα ἐκ τοῦ οὐρανοῦ περιβεβλημένον νεϕέλην. Schwierigkeiten, die mit der literarischen Komposition der Apk zusammenhängen, erheben sich sofort bei der Frage nach dem jetzigen Standpunkt des Sehers. Denn wenn der Engel, um dem Seher das Buch zu überbringen, vom Himmel herabsteigt, so ist der Seher offenbar jetzt auf der Erde befindlich zu denken. Es muß also (mit de W.) angenommen werden, daß der Seher, der 4,1 in den Himmel gestiegen war, ohne daß er es erwähnt, sich wieder auf seinen ursprünglichen Standort zurückbegeben hat. Wenn Ew., Dstd. an dem Standort des Sehers im Himmel festhalten unter Berufung auf alle die vorhergegangenen Stellen, in denen Vorgänge auf Erden trotz des angenommenen Aufenthalts des Sehers im Himmel geschaut werden, so ist dagegen zu erinnern, daß der Seher zwar vom Himmel herab Vorgänge auf Erden schauen kann, es aber dabei doch sinnlos bleiben würde, wenn der Engel vom Himmel herabstiege, um dem im Himmel befindlichen Seher das Buch zu überreichen.[2] Schwierigkeiten bereitet auch die Frage, worauf sich das ἄλλος (ἄγγελος) zurückbeziehe, wenn ἄλλος überhaupt zu lesen ist. Man bezieht dann entweder auf alle vorhergangenen Engel überhaupt, oder auf die Posaunenengel, oder auf den ἄγγελος ἰσχυρός 5,2. Im übrigen ist bei dieser Erscheinung natürlich an einen Engel zu denken und nicht etwa an Christus. Daß der Engel in eine Wolke gehüllt erscheint, soll nur die überwältigend


  1. AC An.(¹)⁴ g vg. s¹² a ae. Tic.; αγγελον αλλον An.⁵ Pr.; > αλλον (P) Q Rel.
  2. Vgl. B. Weiß, nach dessen Annahme der Seher sich schon mit 8,2ff. auf Erden befand.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. , Göttingen 1906, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S307.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)