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nun von Gläubigen in seinem Sinn, d. h. bekehrten Judenchristen, aussagen sollen? Solche Ideen und Hoffnungen lagen nun aber, wie wir schon oben in der Beurteilung von 7,1-8 bemerkt haben, als alte Tradition dem Apokalyptiker vor. Zugleich aber war der Apokalyptiker allerdings überzeugter Universalist, die Heidenmission stand ihm als etwas Selbstverständliches fest. Und in demselben Moment, in dem er an die Bewahrung und den Triumph der Gläubigen seines Volkes in den Nöten der Endzeit erinnert wird, erweitert sich sein Blick sofort auf die Gläubigen in der ganzen weiten Welt, die nun auch den großen Kampf zu bestehen haben; und um diesen zu sagen, daß auch sie ihres Sieges gewiß sein können, verwendet er nicht wieder dasselbe Bild, sondern läßt diese Märtyrer proleptisch als Gerettete vor Gottes Thron erscheinen. Dabei entsteht allerdings in der Reihenfolge der Bilder eine Inkongruenz, aber ich sehe nicht ein, weshalb man das, was man einem hier angenommenen Redaktor der Apk so ohne weiteres zutraut, nicht schließlich auch dem Apokalyptiker selbst zutrauen könnte. Mit Recht hat Hirscht (63) überdies hervorgehoben, daß gerade das Stück 7,9-17 eine Unmenge von sprachlichen Berührungen mit dem übrigen Ganzen der Apk zeige (vgl. die Formel: μετὰ ταῦτα εἶδον καὶ ἰδού, ἔθνος φυλαί etc. die weißen Kleider, ὁ καθήμενος ἐπὶ τοῦ θρονοῦ, κράζεν φωνῇ μεγάλῃ, die Doxologie). Man kann ruhig behaupten, daß, wenn irgendwo, so in diesem Stücke der Apokalyptiker selbst deutlich erkennbar ist. Das gilt auch gegen den Versuch von Sp., 7,9-17 als das Ende seiner Quelle U aufzufassen. Überdies sei noch einmal darauf hingewiesen, daß man die μεγάλη θλῖψις, auf die 7,14 hinweist, keineswegs in den Siegelplagen finden darf. Als Ende einer Kap. 1-6 umfassenden kleinen Apk ist 7,9-17 undenkbar, denn nach der Darstellung des sechsten Siegels erwartet man noch das Ende, das 7,9-17 als vollzogen bereits vorausgesetzt ist. Es klafft hier also eine breite Lücke, welche Sp.s Quelle U zu einem fragmentarischen Torso macht.

Der einzige Grund, der nach alledem zu Gunsten einer kritischen Operation an Kap. 7 noch sprechen könnte, liegt also nicht in 7,9-17, sondern in 7,1-8. Hier liegt jedenfalls traditionelles Material vor. Eine andre Frage aber ist es immerhin, ob diese für den Apok. bereits in einer schriftlichen Vorlage fixiert war. Was auch zu dieser Annahme geneigt machen könnte, ist der in mehrfacher Hinsicht fragmentarische, abrupte Charakter dieses Stückes, der vielleicht darauf hindeutet, daß die hier nur halb verarbeitete Tradition dem Apok schon in einer schriftlich fixierten Form und nicht als nur mündlich überliefertes Rohmaterial vorgelegen habe.

Eine eingehende Untersuchung hat neuerdings J. Weiß (64-72) unserm Stück gewidmet. W. nimmt (vgl. oben Erbes, Weyland) an, daß das ganze Kapitel eine Einheit sei und, wenn auch in veränderter Form, der apokalyptischen Grundschrift angehört habe. W. unterscheidet streng zwischen der Auffassung des Stückes im Sinne des Apokalyptikers und des Herausgebers. Für den Herausgeber handle es sich in der ersten Hälfte des Kapitels um die 14,1ff. genauer beschriebenen christlichen Asketen, die in der letzten Zeit der Not wunderbar bewahrt werden sollen, in der zweiten Hälfte um christliche Märtyrer, die ihren Sieg im Himmel feiern. Für den Verfasser der apokalyptischen Grundschrift seien die 144 000 die aus Israel erwählten Christen, die

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Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. , Göttingen 1906, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S289.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)