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Issachar, Sebulon. Endlich ganz zum Schluß (wie Gen 49) Joseph und Benjamin.

Exkurs zu 7,1-8. Ein endgültiges Urteil über diesen Abschnitt kann erst gefällt werden, wenn man über sein Verhältnis zu dem Folgenden, 7,9-17, zur Klarheit gekommen ist. Aber einiges kann doch schon hier festgestellt werden. Vor allem fällt, wie schon angedeutet wurde, das Fragmentarische an diesem Abschnitt auf. Das hat auch Sp. bereits gesehen, wenn er behauptet, daß in der mit Kap. 7 für ihn beginnenden zweiten Quelle das erste Stück bereits anderswoher eingesprengt sei[1]. Zwei Stücke sind hier mit einander verwoben: die Weissagung von den vier Winden und die Versiegelung der Knechte Gottes. Beide stehen ziemlich isoliert in der Apk in rätselhafter Kürze und ohne Zusammenhang mit dem Folgenden. Die vier Winde werden überhaupt nicht mehr erwähnt, die 144 000 kehren nur noch einmal, (14,1ff.) dort ebenfalls außer allem Zusammenhang und umgedeutet, wieder. Für das erste Stück gelang es uns, bereits eine ausführlichere apokalyptische Tradition wenigstens in einem Zweig der Antichristapokalypsen nachzuweisen. Eine bemerkenswerte Parallele enthält ferner II Bar 6. Hier sieht Baruch vier Engel mit Feuerfackeln an den Ecken der Stadt Jerusalem. Und ein fünfter Engel steigt vom Himmel herab und befiehlt jenen, nicht eher die Stadt anzuzünden, als bis er die heiligen Tempelgeräte verborgen. Hier ist zwar nicht der Inhalt, aber die Form der Vision eine überraschend ähnliche.

Auch für das zweite Stück lassen sich gewisse Berührungen mit der Antichristtradition nachweisen. Auf eine wurde bereits hingewiesen. Zu beachten ist aber dann weiter die durchaus jüdisch-partikularistische Stimmung in diesem Fragment. Es handelt sich nur um eine Versiegelung von 144 000 Juden aus den 12 Stämmen. Eine allegorisierende Umdeutung (des Zwölf-Stämme-Volks auf die Christen) ist wegen der bestimmten Aufzählung der einzelnen Stämme nicht erlaubt. Von neuem ergibt sich hier, daß der Apokalyptiker an dieser Stelle ziemlich mechanisch einer vorliegenden Tradition folgt. Wir werden anzunehmen haben, daß es eine jüdische Tradition gab, derzufolge in den Zeiten der letzten Not eine Auswahl[2] aus dem Volk durch eine wunderbare Versiegelung vor allem Ungemach bewahrt bleiben sollte. Über die näheren Zusammenhänge dieses Fragmentes wird sich nichts ausmachen lassen. Die spätere Tradition deutete auf die kleine Schar von Gläubigen, die in den letzten Zeiten dem Antichrist Widerstand leisten soll (Bousset, Antichrist 139ff.). Dagegen ließe sich allerdings einwenden, daß es schwer erklärbar sei, wie ein Jude von den 12 damals gar nicht existierenden Stämmen


  1. Mit dieser Erkenntnis verliert Sp. jedoch einen Grund, Kap. 7ff. von 1-6 abzutrennen. Die Erklärung des Fragments 7,1-8 wird dadurch um nichts leichter, daß man mit 7,1ff. eine neue Quelle beginnen läßt.
  2. J. Weiß meint, daß die geringe Anzahl der Geretteten mehr auf eine juden-christliche als auf eine jüdische Quelle deute. Aber einmal ist die Zahl der „Geretteten“ nicht gar so gering, und andrerseits handelt es sich hier wahrscheinlich nicht um alle im messianischen Gericht zu Bewahrenden, sondern nur um den Teil der Gläubigen, der vor den Leiden der letzten Zeit geschützt werden soll.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. , Göttingen 1906, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S283.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)