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welchen beim Aufstand die einzelnen Distrikte zur Verwaltung übergeben waren, Babel ist natürlich Jerusalem. Es bedeutet einen starken Verlust für das richtige Verständnis der Apk, daß so die Beziehung aus das römische Reich ganz verloren ging.

Fast ebenso konsequent deutete Harduin[1]. Er läßt sogar die Sendschreiben an die Christen in Jerusalem gerichtet sein und treibt so die Verkehrtheit auf die Spitze. An der Deutung der Häupter des Tieres auf die römischen Kaiser bis Nero hält er wenigstens fest. Etwas besonnener ging Wetstein zu Werk[2]. Er beschränkt allerdings die Deutung durchaus auf den Zeitraum bis 70. Dagegen hält er die Beziehung des Tieres auf das römische Imperium fest. Das Tier selbst ist ihm das Interregnum unter Galba, Otho, Vitellius; Apk 14-18 bezieht er auf den Kampf zwischen den Prätendenten und auf die Thronbesteigung Vespasians, er kann demgemäß Babel wieder auf Rom deuten. Das tausendjährige Reich endlich deutet er auf die Zeit von der Zerstörung Jerusalems bis Barkochba.

Wohl am meisten an Harduin schließt sich Harenbergs Erklärung der Offenbarung Johannis, Braunschweig 1759, an[3]. Er faßt die Apk als ein Trostschreiben an die jüdischen Christen, drei Jahre vor dem Osterfest vor 70 geschrieben. Er benutzt außerdem die Rekapitulationshypothese und läßt in den Siegeln, Posaunen und Schalen dieselben Ereignisse von Tiberius bis zum jüdischen Krieg geweissagt sein. An der richtigen Deutung des Tieres mit seinen Häuptern auf das römische Imperium hält er fest, das tausendjährige Reich bezieht er auf die Zeit der Kirche von der Zerstörung Jerusalems an. H. hat (vgl. die Vorrede) eine erstaunliche Masse jüdischer Literatur gelesen und verwendet sein Wissen auf diesem Gebiet in sehr kritikloser Weise und nicht gerade zum Vorteil der Auslegung der Apk. Sein Werk ist eine wüste Stoffsammlung von Parallelen zur Apk aus der rabbinischen Literatur.

Ganz in den Bahnen von Abauzit wandelt Herder in seiner warm geschriebenen und dem poetischen Charakter des Werkes gerecht werdenden Auslegung[4] — In derselben Beschränkung deutet das in mancher Hinsicht immer noch interessante und lehrreiche Buch Hartwigs: Apologie der Apk wider falschen Tadel und falsches Lob 1780-83. Neben einem wieder aufgegebenen Versuch, die sieben Häupter auf die herodianische Herrscherfamilie zu beziehen, wird (außer der Deutung auf die Hohenpriester) die andre auf die römischen Kaiser zugelassen. Das tausendjährige Reich versteht


  1. In der Einzeldeutung von Apk sind beide vielfach von Grotius und Hammond abhängig.
  2. J. J. Wetsteins libelli ad crisin atque interpretationem N. T. ed. J. J. Semler 1766. Sehr wertvoll sind Wetsteins Anmerkungen in der großen Ausgabe des neuen Testaments. (II 1752) s. auch seine Bemerkung (dort II 889ff.) de interpretatione libri Apoc.
  3. An Harenberg lehnt sich J. C. Ulrich, kurze Einleitung und Erklärung der Offenbarung des Herrn Jesu an Johannem, Zürich 1762, an. Als Einleitung steht dem Werke eine Abhandlung von Harenberg selbst über die Abfassungszeit der Apk voran.
  4. J. G. Herder, Μαρὰν ἀθά, Das Buch von der Zukunft des Herrn. Riga 1779.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S103.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)