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Er[1] hat nach seinem eigenen Zugeständnis den Tic. ausgeschrieben: exundantia reprimens, importuna resecans et impolita componens, catholico moderamine temperavi (Prooemium). Lieber noch ist er natürlich dem Augustin gefolgt, wo es anging: si quae tamen a sancto quoque Augustino testimonia exinde exposita forte repperi, indubitanter adjunxi[2]. Seine Auslegung von Apk 20 ist in der Tat von Augustin beherrscht. Daneben ist auch gelegentlich der Kommentar des Victorin benutzt. Neben manchen eignen Ausführungen gibt so Primasius den Kommentar des Tic. oft in extenso wieder. Selbst direkt donatistische Auslegungen vermeidet er nicht, obwohl der ursprüngliche Sinn derselben in der veränderten Umgebung kaum wieder zu erkennen ist. Besonders einflußreich für die Folgezeit ist es geworden, daß er die ganze Rekapitulationsmethode, ja die ganze Art, wie Tic. die Apk disponiert, an fast allen Stellen genau mit denselben Worten übernommen hat. Dagegen stellen sich bei Prim. schon wieder realistische Deutungen, welche Tic. gänzlich vermeidet, ein. Er bezieht (zu Apk 11,3) die beiden Zeugen wieder auf Elias und Henoch und weiß, daß Elias als Bußprediger unter den Juden auftreten wird. Er weiß wieder etwas von der Abstammung des Antichrist aus dem Stamm Dan (zu Apk 11,7). Das Geschwür 16,2 deutet er darauf, daß die Juden den Antichrist anstatt des Messias als ihren König aufnehmen. Ebenso bringt er in die Deutung von Kap. 13 und Kap. 17[3] wieder die Erwartung eines persönlichen Antichrist hinein und verwirrt dadurch die vorwiegend spiritualisierende Deutung des Tic. Die vier Engel 7,1 erklärt er für die Weltreiche der Assyrer, Meder, Perser, Römer. Beim zweiten Tier (Apk 13) findet er Beziehungen auf Simon Magus etc. Die wunderliche Ausführung endlich, die Prim. zu Apk 13,18 gibt, daß nämlich χριστει (= 1225) die Zahl der Tage angebe, welche der Antichrist herrsche, ist wohl aus einem Mißverstand der Deutung des Ticonius entstanden[4].

Gleichzeitig etwa mit Primasius schrieb Cassiodorus „complexiones in epistolas et acta apostolorum et apocalysin[5]. Er verweist die Leser, die eine ausführliche Belehrung wünschen, auf des Ticonius Erklärung und produziert im großen und ganzen diese. Doch finden sich auch Erklärungen anderer Art, wie die Elias-Henoch-Deutung, die auf einen persönlichen Antichrist und die Babylons auf Rom.

In diesem Zusammenhang sind ferner die pseudoaugustinischen Homilien[6]


  1. Editio princeps seines Kommentars in einer Kölner Ausgabe von 1535. Selbständige Ausgabe: Basel 1544. Aus der ersteren stammt der Pariser Druck 1544, aus dieser wieder der Abdruck Bd. X d. Bibliotheca Maxima von Lyon, aus der Migne Patrol Graeca 68 geflossen ist. Haußleiter, Theol. Lt. Bl. 1904, Sp. 1-4. — Über Primasius s. Cassiodor, Inst. div. litt. 9: nostris quoque temporibus apoc. ... episc. Primasii ... studio minute ac diligenter quinque libris exposita est.
  2. z. B. deutet er gegen die Autorität vieler Väter die vier Cherubim mit Augustin so, daß Mt, nicht Mk das Symbol des Löwen bekommt, vgl. S. 50,4. Diese Anordnung hängt damit zusammen, daß Apk 4 (im Gegensatz zu Ezechiel) der Löwe Symbol des ersten Tieres ist, der Ochse (das zweite Tier) aber für Lukas feststand.
  3. Zu Apk 17,11: i. e. antichristus, qui se pro Christo vult suscipi, asserens se quasi mortuum resurrexisse.
  4. Außerdem bringt Primasius die Deutungen Αντεμος und Αρνουμε (Itacismus statt αρνουμαι), die dann sich sehr oft in späteren Kommentaren wiederfinden.
  5. ed. Scipio Maffey Florent. 1721.
  6. Migne P. L. XXIV. Der Text scheint sehr in Unordnung zu sein, wie sich denn auch starke Textvarianten zeigen. Es finden sich fortlaufende Wiederholungen, als wenn die Homilien wirklich gehalten und zum Schluß die Quintessenz noch einmal zusammengefaßt wäre. Aber oft sind die Wiederholungen fast ebenso lang oder länger, als die erste Behandlung des Stoffes, und bringen überdies noch Ausführungen anderer Art. Es scheint fast so, als wenn hier doppelte Excerpte in einander geschoben sind. Eine bisher unbenutzte Handschr., auf die Haußleiter noch aufmerksam machte, findet sich in dem oben S. 61 erwähnten Münchener Cod. Lat. 14469 fol. 67. Die Handschr. scheint nach den bei Migne angegebenen Varianten mit dem WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt Leydener Manuskript verwandt zu sein. In den besseren Handschr. fehlen große Partieen (s. Migne).
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 066. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S066.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)