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kann nicht der Apostel und Zebedaide in Betracht kommen; sondern nur ein anderer in Kleinasien angesehener Johannes. Dieser ist wahrscheinlich identisch mit dem Presbyter Johannes des Papias, mit dem langlebigen ungenannten Jünger des 21. Kap. des vierten Evangeliums, mit dem Presbyter von II und III Joh, mit dem „Zeugen“ des vierten Evangeliums und endlich mit dem Lehrer des Polykarp, von dem Irenäus im Brief an Florin berichtet. Mit seiner Person stehen alle Glieder der sogenannten johanneischen Literatur in engerer oder weiterer Beziehung. — Von hier aus fällt nun endlich auch ein helles Licht auf die Frage, ob der Johannes der Apk nicht vielleicht doch nach apokalyptischem Brauch ein Pseudonym war. Wir werden nunmehr diese Frage bestimmt verneinen. Denn wenn feststeht, daß die Apk unter Domitian geschrieben wurde (vgl. Abschnitt V), auf der andern Seite der kleinasiatische Johannes nach einstimmigem Zeugnis sehr lange lebte und ein älterer Zeitgenosse des Papias war, so ergibt sich m. E. die Unmöglichkeit der Annahme, daß der Johannesname in der Apk ein Pseudonym sei, man müßte dann schon annehmen, daß jemand noch zu Lebzeiten des Johannes und in seiner Nähe es gewagt hätte, unter dem von ihm erborgten Namen zu schreiben[1]. So kommen wir mit einiger Wahrscheinlichkeit zu dem Schluß, daß der Verfasser der Apk, wie sie uns vorliegt, der kleinasiatische Johannes, der Presbyter des Papias gewesen ist.


IV. Die Geschichte der Auslegung der Apokalypse.

1. Die ältesten griechischen Ausleger.

Der erste kirchliche Schriftsteller, der zusammenhängende Ausführungen über die Apk gibt, ist Irenäus. Er bringt dieselben im V. Buch seines Werkes[2], und seine Auslegung ist vielfach vorbildlich geworden. Ich habe im „Antichrist“ nachzuweisen gesucht, wie Irenäus (s. das Register) seine eschatologischen Ausführungen eigentlich nicht auf Grund der Apk gewinnt, sondern vielfach auf Grund einer alten ihm zugänglichen eschatologischen Tradition, die in die neutestamentliche Zeit zurückreicht, und die er in die Apk hineindeutet. Doch gewinnt er auch viele Einzelheiten durch gelehrte Kombination von Dan 2 u. 7, Apk 13 u. 17.

Nach I. werden in der Endzeit zehn Könige herrschen V 30,2. Von diesen wird der Antichrist drei töten und über die übrigen sieben selbst als achter herrschen V 26,1. Das zweite Tier in Apk 13 ist der Pseudoprophet V 28,2. Nach Jer 8,16 stammt der Antichrist aus dem Stamme Dan. Daher sei schon Apk 7,5—7 in der Aufzählung der Name Dans nicht genannt. V 30,2. Wahrscheinlich ist es, daß Irenäus Recht hat und


  1. J. Weiß, Offenb. d. Johannes, S. 155-164 vermutet, daß der von ihm angenommene Redaktor der Apk eine ältere Apk des Presbyter Johannes zu dessen Lebzeiten umgearbeitet hätte. Die Hypothese trägt, wie W. selbst halbwegs zugesteht, (S. 163) den Stempel der Unmöglichkeit.
  2. Über den Irrtum des Hieronymus de viris illustribus 9 (und Chronik), daß Justin und Irenäus die Apk kommentiert hätten s. o. S. 20,2.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 049. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S049.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)