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als einer Kuriosität, die man nach Kräften zu entschuldigen oder zu verschweigen sich bemüht.

Auch die ersten Reformatoren der reformierten Kirche, Zwingli und Oecolampadius, verwarfen unter Zurückgreifen auf die altkirchliche Tradition die Apk[1]. Viel rascher aber ist dann hier der Widerspruch gegen die Apk verstummt. Bei Calvin läßt sich wenigstens kein Widerspruch gegen die Apk nachweisen, doch kommentierte er sie nicht (Lücke 904,2). Bibliander (1549), Bullinger (1557), Beza (in den annotationes) verteidigten und kommentierten das Buch (Lücke 906,1; 904,2). Bemerkenswert ist, daß auch die sozinianische Gemeinde die Authentie derselben nicht anfocht (Lücke 907).

Der erste, der im Sinne der modernen Kritik[2] dann von neuem die Frage im Gegensatz zur Leichtgläubigkeit der englischen Kommentatoren aufnahm, war Abauzit in seinem Discours historique sur l’apocalypse (Oeuvres diverses Tom I 1770)[3]. Abauzit untersuchte die altkirchliche Tradition über die Apk und wies die Übermacht der ungünstigen Zeugnisse nach. Ihm antwortete Twells, Critical examination of the late New Text and Version of the New Testament in Greek and English[4] (1732) in hervorragender Weise. In Deutschland wurde die Untersuchung aufgenommen durch Hermann Oeder[5]. Oeder stützte sich in der Beurteilung der Tradition namentlich auf das Urteil des Cajus Romanus und suchte die Apk dem Cerinth zuzusprechen. In derb rationalistischer Weise zieht er gegen den jüdischen Fanatismus, den mannigfachen Aberglauben, die wilde Phantasie, die Unordnung in der Darstellung, die Sprache zu Felde. Das, wie es schien, ganz moderne Fündlein, daß Apk 12 cerinthische Christologie enthalte (Völter), mag man schon bei ihm nachlesen.

Oeders Untersuchungen wurden fortgesetzt von Vogel (freie Untersuchungen über einige Bücher des neuen Testaments) und durch Semler selbst (freie Untersuchung des Kanons. Halle 1771)[6]. Dieser Schrift trat Knittel-Wolfenbüttel (Beiträge zur Kritik über Johannesoffenbarung, ein Synodalschreiben, Braunschweig 1773), entgegen. Semler antwortete in seinen „neuen Untersuchungen über Apokalypsin“ 1776. Er stürzte sich in seinen Untersuchungen namentlich auf das Zeugnis der Aloger und war der Meinung, daß die Apk aus montanistischen Kreisen stamme. Er bestritt sogar das Zeugnis des Irenaeus und behauptete, daß entweder dessen Werk unecht, oder die betreffenden


  1. Religionsgespräch von Bern 1528, s. Zwinglis Werke von Schuler und Schultheis II 1, S. 169ff. (Lücke 903).
  2. Zum folgenden vgl. Walch, neueste Religionsgeschichte VII 257-277. Lücke 495ff. Düsterdieck 67.
  3. Über die Geschichte der Schrift s. Lücke 497,4; wahrscheinlich ist sie zuerst im Englischen 1730 gedruckt.
  4. Aufgenommen in Chr. Wolffs curae philologicae et criticae, V 387.
  5. Christlich freie Untersuchung über die sogenannte Offenbarung Johannis aus den nachgelassenen Schriften eines fränkischen Gelehrten, herausgegeben von J. Sal. Semler Halle 1769. Doch vgl. schon vorher Semler in der Ausgabe von Wetsteinss „libelli ad crisin et interpret. Nov. Test. 1766.“
  6. S. wandte sich hier hauptsächlich gegen einen Angriff des Tübinger Kanzlers Reuß, der dem Herausgeber Wetsteinss (s. Anm. 5) bereits in den „selecta historiae ecclesiasticae capita“ (de auctore apocal., 1767) geantwortet hatte. Auf die „freie Untersuchung“ erwiderte Reuß in der „Verteidigung der Offenb.“ Tüb. 1772. Ein weiterer Verteidiger der Schrift ist Chr. F. Schmidt (Wittenberg): „Ob die Offenbarung Johannis ein echtes göttliches Buch sei“ 1771; „Historia antiqua et vindicatio canonis V. ac. N. Test.“ 1775; gegen die erstere Schrift: Michael Stroth, „freimütige Untersuchung die Offenb. Joh. betreffend“ (mit einer Vorrede von Semler 1771).
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 033. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S033.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)