Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

In noch gemäßigterer Form nahm dann Dionysius von Alexandria (Eus. H. E. VII 25) die Kritik an der Apk wieder auf, und er hatte einen durchschlagenden Erfolg. Er bezieht sich in der Einleitung seiner uns von Eusebius zum Teil erhaltenen Schrift deutlich auf seine Vorgänger: τινὲς μὲν οὖν τῶν πρὸ ἡμῶν ἠθέτησαν καὶ ἀνεσκεύασαν πάντη τὸ βιβλίον, καθ’ ἕκαστον κεφάλαιον διευθύνοντες ἄγνωστόν τε καὶ ἀσυλλόγιστον ἀποφαίνοντες ψεύδεσθαί τε τὴν ἐπιγραφήν (VII 25,1). Er erwähnt dann die Vermutung, daß der Verfasser der Apk der Ketzer Cerinth sei. Er will sich dieser Kritik nicht anschließen. Aber er vermutet, daß ein andrer Johannes als der Zebedaide[1] der Verfasser der Apk sei. Zu Ephesus zeige man zwei μνήματα des Johannes, das lasse auf einen andern Johannes in Kleinasien schließen. Zum Beweise seiner These führt er dann eine geradezu musterhafte Vergleichung der Apk mit dem Evangelium und den Briefen des Johannes nach schriftstellerischer Eigenart, Sprache und Anlage (διεξαγωγή = Ökonomie) durch. Auch des Dionysius Kritik steht im Dienst der Dogmatik. Im Kampf mit der chiliastischen Partei, an deren Spitze der Bischof Nepos von Arsinoe stand (225 p. Chr.), schrieb er seine zwei Bücher περὶ ἐπαγγελιῶν, in deren zweitem er seine kritische Ansicht über die Apk, die Hauptstütze der Gegner, vortrug.

Von dieser ganzen durch theologische Kritik und dogmatische Bedenken gegen die Apk hervorgerufenen Bewegung scheint nur eine einzige Tatsache unabhängig dazustehen: die Nichtaufnahme der Apokalypse in den syrischen Kanon. In der älteren syrischen Übersetzung des NT, der sogenannten Peschita[2], fehlt die Apk. Wir besitzen eine syrische Übersetzung nur aus der Philoxeniana (?) und der von Thomas v. Charkel unternommenen Rezension der Philoxeniana.

Gehen wir weiter in der Überlieferung der syrischen Kirche zurück, so zählt die doctrina Addai[3], die uns freilich nicht mehr in der von Eusebius bezeugten Form vorliegt und in der uns vorliegenden um etwa 400 entstanden ist, wohl einer älteren Aufzeichnung folgend, die vier Evangelien (Diatessaron), die Paulusbriefe und die Apostelgeschichte als einzige Schriftautoritäten des NT auf, kennt also ebenfalls die Apk nicht.

Der wichtigste Zeuge für den Kanon der syrischen Kirche ist Ephraem (373 †.). Über ihn schrieb ich gegenüber den schwankenden Urteilen über


  1. Er verweist auf Johannes Marcus, läßt diesen Gedanken aber wieder fallen.
  2. Das Zeugnis ist um so bedeutsamer, als die Peschita vielleicht erst später, als man bisher annahm, nämlich erst im Jahre 411 (von Rabula von Edessa), übersetzt wurde. vgl. Burkitt, St. Ephraims quotations S. 57.
  3. Lipsius, apokr. Apostelgeschichten II 2, 93. Tixeront, les origenes de l’église d’Edesse 1888. Harnack, das neue Testament um das zweite Jahrhundert. 105.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen: , 1906, Seite 026. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S026.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)