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Einleitung
I. Der literarische Stil der Apokalyptik.

Die Offenbarung des Johannes gehört wie das Danielbuch einer bestimmten Literaturgattung an, welche man mit dem Namen Apokalyptik zu benennen pflegt. Der Name ist allerdings nur ein zufälliger und beruht auf einer Verallgemeinerung der Selbstbezeichnung der Apk κατ͗ ἐξοχήν Erst allmählich ist die Erkenntnis, daß es eine Literaturgattung der Apokalyptik gibt, zum Durchbruch gelangt, wie man auch erst mit der Zeit einen Überblick über die in Betracht kommende Literatur erhielt[1]. Zum ersten Mal hat Semler[2] in seinen Untersuchungen über die johanneische Offenbarung


  1. Die erste wirkliche Sammlung der einschlägigen Schriften lieferte Fabricius cod. pseudepigraph. Vet. Testamenti 2. ed. 1722—23 (eigentlich schon unter einem noch umfassenderen Gesichtspunkt angelegt). Es folgte die Entdeckung des äthiopischen Henochbuches und der Ascensio Jesaiae (Bruce, Laurence 1773 [1821] 1819), die Ausgabe des Henochbuches von Dillmann, die Arbeiten Gfrörers, Jahrhundert des Heils 1838, Prophetae veteris testamenti pseudepigraphi 1840, die Entdeckungen Cerianis (Assumptio Mosis 1861. Apok. des Baruch 1866), die Herausgabe des Testamentum XII Patriarcharum in einem einigermaßen lesbaren Text von Sinker. Noch die neueste Zeit hat wesentliche Beiträge geliefert. Neuentdeckt wurde ein Stück des griechischen Henoch in der Handschrift von Akhmim (von Bouriant, vgl. die Ausgaben von Lods und Charles); das sehr interessante Buch der Geheimnisse Henochs wurde in einer Übersetzung aus dem Slavischen zugänglich gemacht (Charles the book of the secrets of Henoch 1896 und Bonwetsch, d. slavische Henochbuch. Abh. d. Gött. Ges. d. Wissensch. N. F. I 3. 1896). Aus dem Nachlaß des verstorbenen Bensly gab James das IV. Buch Esra in einem zuverlässigen und zum ersten Male vollständigen lateinischen Text heraus (Text and Studies 1895), und Gebhardt verdanken wir eine abschließende Ausgabe der salomonischen Psalmen (1895). Neuerdings sind hier besonders die von dem Engländer R. H. Charles herausgegebenen Texte und Übersetzungen zu nennen: The Book of Enoch 1893; the apocalypse of Baruch 1896; Assumption of Moses 1897; Ascension of Isaiah 1900; The Book of Jubilees 1902; ferner die Veröffentlichungen von James in Texts a. Studies II und V. Cambridge 1892. 1897; die neuen Ausgaben der Oracula Sibyllina von Rzach (1891) und namentlich von Geffcken (1902). Die wichtigsten Stücke dieser Literatur findet man jetzt (von Daniel abgesehen) in Kautzsch Apokryphen und Pseudepigraphen in Übersetzungen. Einen Überblick über das Material bei Schürer Gesch. d. jüdischen Volkes³ im dritten Band; Bousset Religion d. Judentums S. 6-48; Artikel Apokalyptic Literature von Charles, Encyclop. Biblica I 213-250; Artikel „Pseudepigraphen des alten Testaments“, Realencyklop. XVI 229-265.
  2. vgl. Hilgenfeld, jüdische Apokalyptik, Jena 1857 1ff.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Bousset: Die Offenbarung Johannis. Göttingen 1906, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bousset-S001.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)