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auß Meissen / so Schlesien gegen Mittag liget / anhero kommet; wie dann Anno 1463. zu Glogau offt eines Tags bey 68. Personen und drüber / daran gestorben seyn. Anno 1472. war allhie grosse Unruhe wegen der Müntz. Anno 1473. fiel ein steinerne Seul umb in der grossen Kirchen / damit giengen drey Gewölbe hart dabey mit grossem Krachen zu Boden. War Glück / daß es bey Nacht geschehen. Es hat aber dieser Fall das folgende Unglück bedeutet. Dann Hertzog Heinrich der Zehende / ein Herr deß gantzen Fürstenthums Glogau (ausser deß obgedachten halben Theils der Stadt Glogau) und der jüngste Sohn deß obernanten Hertzog Heinrichs deß Sperlings / hat Anno 1467. einen einigen Sohn / Heinrich den Eilfften / Hertzog zu Glogau / verlassen / der Anno 1476. zu Freystat ohne Kinder gestorben / und seiner Gemahlin Barbara / Churfürstens Alberti zu Brandenburg Tochter / so damaln noch nicht über 12. Jahr alt war (dann er mit ihr Beylager gehalten / da sie erst 10. Jahr alt gewesen) das Hertzogthum Glogau vermacht hat: damit aber deß auch oberwehnten Hertzogs Hansen zu Sagan / deß Tyrannen / jüngster Sohn / auch Hanß genant / weil er deß verstorbenen nächster Vetter / nicht zufrieden gewesen / ob er wol keine Gerechtigkeit bey Glogau / daran sich sein Vatter verziehen / zu suchen hatte / auch sonsten ohne Land war / als der das Fürstenthum Sagan / Churfürst Ernsten zu Sachsen / und seinem Bruder / Hertzog Alberto, verkaufft gehabt. Er begab sich aber zum König Matthia in Ungarn / der damals Schlesien innen hatte / durch dessen Hülff er Volck annahm / und damit das Fürstenthum Glogau bekam. Er belägerte auch das Schloß zu Glogau / so die Teschnische Wittib / mit dem halben Theil der Stadt / auß oberwehnter Gerechtigkeit / innen hatte / ließ unflätige Sachen hinein werffen / und brachte es so weit / daß sich endlich die Fürstin / Frau Margaretha von Cilien (so bald hernach zu Guhr gestorben) Anno 1480. ergeben muste; und verglich er sich im folgenden 81. Jahr mit besagtem König Matthia, und verblieb also völliger Herr auff beyden Theilen zu Glogau / so vorhin bey 151. Jahren nicht geschehen war. In gemeldtem 80. Jahr / hat er auch alle Juden auß Glogau vertrieben; und ingleichem folgends sich mit Churfürst Alberto zu Brandenburg verglichen / daß / für die Ansprach der obgedachten Wittib / sein / deß Churfürsten / Tochter / Er / der Churfürst / zum Unterpfand / Zollich / Crossen / Sommerfeld und Bobersperg / haben solte. In dem obgedachten Vergleich mit dem König Matthia in Ungarn getroffen / ward Hertzog Hansen das Fürstenthum Glogau nur auff sein Lebenlang versprochen; er aber hätte solches Land gern auff seine 3. Töchter gebracht / die er denen drey Brüdern / Alberto, Georgio und Carolo, Hertzog Heinrichs von Münsterberg Söhnen / An. 1488. auff einmal gegeben hat: daher dann Krieg entstanden / weiln der König Matthias solch Land seinem unehlichen Sohn / Johanni Corvino, geben wolte: wie dann er / der König / die Stadt Glogau / durch seinen Obristen / den Tetauer / belägern liesse. Hertzog Hanß vermeynte / der Rath allhie hielte es mit dem König / und ließ denselben unverhört gefangen nehmen / und durch seine Böhmen das Rathhauß plündern; Beraubte auch der Stadt Schatzkammer / nahm ihr alle Freyheiten / und erwählte einen neuen Rath / und ließ die gefangene Rathsherren durch Hunger und Durst sterben. Er entwich aber / noch vor der Auffgebung / auß der Stadt / kam in Polen / ferner gen Oppeln / und endlich auff Glatz / allda er sich in einem geringen Häußlein auffhielte. Nachmals / als er lang im Elend herumb gezogen war / erlaubte ihm der Marggraf / daß er sich eine weil zu Franckfurt auffhalten möchte; von dannen er nach Rom zoge / und als er wieder nach Hauß kam / erhielt er von obgedachten seinen Tochtermännern die Herrschafft Wolau auff sein Lebenlang; allda er ein Alchymist worden / und sein Leben in Armut zugebracht / darinn er auch Anno 1504. den 23. Herbstmonats / zu besagtem Wolau / und darneben in rechtschaffener Reu und Leyd über seine Sünde / gestorben / so der Letzte dieses Geschlechts[WS 1] von Glogau / Sagan und Crossen / gewesen ist. Gemeldter König Matthias war der Stadt Glogau sonderlich mit Gnaden gewogen / und verehrte sie mit einem besondern Geschencke / daß sie sich deß Raben / der ein

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Geschechts
Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1650, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bohemiae_Moraviae_et_Silesiae_(Merian)_235.jpg&oldid=- (Version vom 8.9.2022)