Seite:Bohemiae Moraviae et Silesiae (Merian) 222.jpg

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2. widerwertige Meynungen die jenige zu vertragen wissen werden / denen diese Sach besser / als uns weit Abwesenden / bekandt ist. Was aber die Stadt Brig anbelangt / so ligt dieselbe 6. kleine Meilen von Breßlau; und soll ihr Nam von dem Polnischen Wort Berega herkommen / welches in Teutscher Sprach ein hohes Ufer heisset; und zwar auß dieser Ursachen / weiln um die Stadt das Ufer an der Oder / auff der Teutschen Seiten / gegen Mittag zu / so hoch liget / das der Oder-Fluß daselbst nicht zu überschwemmen pfleget. Etliche seyn in denen Gedancken / als solte Brig eben die Stadt Brigitium seyn / so Käiser Valentinianus belägert / so sonsten Bergentio genant / und zum Illyrico gerechnet wird / allda er Anno 375. gestorben ist. Welches aber ungewiß. Dieses aber ist gewiß / daß Bretislaus II. Hertzog in Böheim / Anno 1096. die Stadt Brig mit Gewalt eingenommen / geplündert / zerstört und geschleifft / welche hernach wieder auffgebauet / und von Boleslao, Hertzog zu Schweidnitz / (welcher Hertzog Heinrichs deß Dicken allhie 3. Söhne Vormund / und deßwegen selbiger Zeit Herr über Brig war) zusamt dem Schlosse / mit einer Mauer umzogen / und / seinen Pupillen zum besten / mit Wällen und Gräben / bevestiget worden; die hernach die Hertzogen Fridericus II. Georgius II. und Joachimus Fridericus, Hertzogen zur Lignitz und Brig / als die / vermög habender absonderlichen Privilegien / mit bauen und bevestigen / es zu thun wol befugt waren / noch mehrers bevestiget haben. Ihre Grösse und Disposition an Gassen / ist der Stadt Franckfurt an der Oder nicht fast ungleich. Sie ligt auff einem gar schönen ebenen Boden / in guter und gesunder Lufft / auch in sehr fruchtbaren und köstlichen Aeckern. Es gibt viel Teiche herum. Gegen Mitternacht zu / hat es einen mächtigen grossen Wald. Die Kirch zu S. Niclas / als die Pfarrkirch / ist ein hohes und mächtig grosses steineres Gebäu / mit allem Fleiß verfertiget; an welcher zween altfränckische starcke und dicke Thürne stehen. Die Thum-Kirche / welche viel kleiner / aber zierlich / hat einen künstlichen Predig-Stul / welcher / zusamt dem Fundament in der Erden / ein einiger Stein / und von Strehlen Anno 1573. den 16. Augusti / mit 16. starcken Pferden / hieher gebracht / zu einem Predig-Stul außgehauen und polirt / schöne Biblische Historien darein gestochen / und mit Farben / etc. angelegt worden ist. Der Fürsten Stamm-Register ist in dieser Kirchen sehr artlich außgefertiget; die Fürstliche Grufft aber / oder die Begräbnuß / ist unter der Kirchen. Vor dem Opplischen Thor ist ein neue Kirche zur H. Dreyfaltigkeit. Die Fürstliche Schul allda / hat Hertzog Görg der Ander Anno 1564. und folgende Jahr / mit grossen Unkosten / statlich in Stein auffbauen / und auff jedwedere Seiten deß Tachs / oben mit 9. Gibeln (Aerckern) nach Anzahl der Musen / zieren lassen. Ist Anno 1569. eingeweyhet worden. Die Stadt-Schul ist auch gantz steinern / darinn die Buchdruckerey gehalten wird. Es hat da zween Spitäl / ein Seelen-Hauß und Brech- oder Infection-Hauß. Die Fürstliche Burgk ist Anno 1544. von neuen zu erbauen angefangen worden; darbey ein Lust- und Baum-Garten / Renne-Bahn / etc. Das Rathhauß ist groß und statlich / und ist der Platz groß und viereckicht. Das Zeughauß / und nicht weit davon / gegen der Oder / die sehr grosse Fürstliche Mühl / mit verdeckten Rädern / seyn auch zu sehen. Die Gassen seyn wol disponirt und die Häuser mehrern Theils von Stein. Es hat auch allda / vor dem jetzigen Krieg / gewaltige Vorstädte / Vorwerck und Gärten / gehabt. Vor dem Oder-Thor / auff der mächtigen grossen Au / halten die Polen jährlich drey Ochsen-Märckt / nemlich auff Trinitatis, Jacobi und Marien Geburt / da viel tausend Ochsen hinkommen und weit getrieben werden. Für dem Breßlauischen Thor / über die Ratte hinauß / ist ein langes nutzliches Steinpflaster wider die böse Wege verfertiget / an welches Ende ein breiter und hoher Stein / mit schwehrer Menschen- und Roß-Mühe / auß dem Strehlischen Steinbruch dahin gebracht / ist auffgerichtet worden / darinn der Schlesische Adler / und nachfolgende Verß gehauen seyn.

Straverunt alii nobis, nos posteritati,
     Omnibus at Christus stravit ad astra viam.

Es hat zu Brig / in Ehe-Sachen / ein

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Matthäus Merian: Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1650, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bohemiae_Moraviae_et_Silesiae_(Merian)_222.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2020)