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II.
Mähren.

Es wird dieses Land / ob es wol jetzt ein Marggrafthum / dem Hertzogthum Schlesien / in den Bömischen Schrifften und Handlungen / auch von selbigem Scribenten vorgesetzt / sonder Zweifel darum / weiln es vorzeiten groß / und ein Königreich / und unter demselben Böheim selbsten etwan gewesen; auch folgends Mähren eher als Schlesien dem Königreich Böheim einverleibt worden ist. Etliche nennen es das Mährenland / oder Equarum regionem, als ob es viel Stuten und Mähren / darinnen gebe. Aber es komt dem Lande der Nahme her von seinem fürnehmsten Fluß Maro, der Mahr / Marck oder March / der in etlichen Plinischen Exemplarien Morus genant wird; und daher auch der Lateinische Moravia; wie auch der Böhmische / oder Slowakische und Wendische Nam Moráwá und Moráwska Zemie / entsprungen: wie dann die Wendische Leute / in ihrer Sprach / besagten Fluß Morava oder Moráwa / heissen. Es wird dieses Land / wie es jetzt ist / an drey Orten / mit Bergen / Wäldern und Wassern umbgeben; gegen Oesterreich aber ist es offen und eben. Und seyn die Gräntzen deß heutigen Mährenlands / vom Auffgang der Sonnen / Ungarn und angräntzend Polen; vom Abend Böheim; von Mitternacht Schlesien; und von Mittag / Oesterreich. Ausser deß obgedachten Haupt-Flusses der Mahr oder Marck / (so an den Böhmisch- und Glatzischen Gräntzen entspringet / und oberhalb Preßburg / nachdem es auch einen zimlichen Strich durch Unter-Oesterreich geloffen / in die Donau fällt) seyn auch andere Wasser im Lande / als die Igla / Gihlawa / Oslawa / Teya / Schwarta (von theils Schwarza genant) Zwita / Blata / Beczwa und andere mehr / so in die Marck lauffen. Caspar Laudismann / in seinem räthlichen Bedencken / wie frembde Sprachen zu erlernen / meldet am 252. Blat / daß umbs Jahr 1613. in Mähren 100. Städte / 410. Flecken / 500. Schlösser und 30369. Dörffer / sollen gewesen seyn: so aber / weiln das Land nicht gar groß / schier unglaublich scheinet; wiewol dasselbe also erbauet ist / daß man kaum Platz und Weide für das Viehe allda haben kan. Und ist das Land schön und fruchtbar an Getreid / Wein / Früchten und anderm; gibt auch feines Bier / und auß Ungarn herrliches Fleisch; also / daß man wolfeil da zehren kan. Der Wein aber ist einer schwefelichten und kalckichten Natur / wegen deß Bodens: daher es viel / auch junge contracte Leute allda giebet. Und bezeuget Michael Piccart, decad. 16. Observat. Historico-Polit. cap. 7. in fin. daß in Mähren Manns- und Weibs-Personen / auch die mässig leben / mit dem Darmgicht oder der Colica; Item der Lähme und Zipperlein / beladen werden. Es helffen aber die Mährer auch zum theil selber darzu / weiln sie den Wein / der in grosser Menge da wächst / erst gar spat / wann allbereit starcke Reiffen gefallen / und die Beern Vormittag etwas gefrieren / ablesen; auch solchen in den Geschirren nicht verarbeiten lassen / damit er desto süsser bleibe / und den Böhmen und Schlesiern / die solchen bey ihnen abholen / desto anmuthiger seye; daher er auch gemeiniglich dick und trüb ist. Es schreibet Dubravius, gewesener Bischoff zu Olmütz / in diesem Lande / in seiner Böhmischen Chronik / daß man in solchem auch Weyrauch und Myrrhen auß der Erden grabe / und meldet /

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Matthäus Merian: Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1650, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bohemiae_Moraviae_et_Silesiae_(Merian)_150.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)