Seite:Bohemiae Moraviae et Silesiae (Merian) 113.jpg

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besser im Grund / neulicher Zeit / von den Capuccinern ein schön Closter und Kirch gebauet worden. Gegen Mitternacht deß Schlosses / über dem tieffen Wildgraben / und höltzern verdeckten Brücken / ist ein Königlicher Lust-Garten. Gegen Nidergang am Garten / werden in sonderlichen Gebäuen / in einem höltzernen Gitter / Löwen / auch andere wunderbarliche Thiere / auffgehalten. Im hintern Theil deß Gartens / gegen Auffgang / ist Käisers Ferdinandi I. künstliches Lust-Hauß / darauß man nicht allein die gantze Stadt / sondern auch deß Flusses Molda Krümme / und die umligende Landschafft weit und breit übersehen kan. Es hat zwey Umgänge und Gewölbe über einander. Der unter Umgang ist rings herum mit runden in gleicher Abtheilung stehenden Seulen eingefangen / nach der rechten Architectur-Kunst. Der Obere ist unterm freyen Himmel / hat ein steinern Geländer / und Cedern Boden. Und seyn die Capitäl überall mit eingehauenen / auß alten Historiis und Poeten genommenem Laub- und Bildweck / artlich gezieret. Gegen dem Schloß seynd zwey mit grossen Unkosten gebaute Ballhäuser. Biß hieher abermals Sadeler. Nicht weit von vorgedachtem Lusthauß ist der Königliche Thier-Garten / so mit einer Mauer weit umfangen; der aber dem andern / so bey einer halben Meil vom Schloß ligt / nicht zu vergleichen / in dessen Mitten ein sehr schöner Palast / wie ein Stern gebauet / darvon er auch den Namen bekommen. Der Boden ist von schönem Marmor / und die Zimmer mit sehr anmuthigen Gemählden gezieret gewesen / (wie von solchen jetzterwehnten Stücken C. Ens in del. apodem. p. 292 zu lesen /) so vielleicht noch seyn mag. Und in diesem / eine halbe Meil / wie gemeldt / von Prag gelegenem Thiergarten / oder Stern / hat Anno 1619. den 21. 31. Octob. obgedachter Pfaltzgraf Friederich / Churfürst / vor seinem Einzug zu Prag / zu seiner Crönung / das Mittagmahl gehalten; und ist hernach im folgenden 20. Jahr / den 8. Novembr. N. Calenders / nahend diesem Garten / auff dem weissen Berg / die bekandte und berühmte Schlacht / zwischen den Käiserlichen und den Böhmen / vorgangen / darinn diese unten gelegen / und besagter ihr neuer König Friederich flüchtig; die Stadt und Schloß Prag aber / nach erlangtem Sieg vom Hertzog Maximiliano auß Bäyern / und den Käiserlichen / wieder erobert worden: davon weitläufftig in dem I. Theil deß Theatri Europaei fol. 461. seqq. der ersten Edition, zu lesen; daselbst auch die Beschreibung deß gemeldten weissen Bergs / zu finden. Und hat Käiser Ferdinandus II. Anno 1628. den 25. Aprilis / den ersten Stein zur neuen Kirchen und Closter S. Mariae de Victoria, an dem Ort / wo der Sieg erhalten worden / gelegt; auff welchem die Überschrifft mit grossen Buchstaben / wie in besagtem I. Tomo fol. 1247. zu lesen / gestanden: Anno 1628. die 25. Aprilis, Ferdinandus II. Imp. semper Augustus, Catholicae fidei Defensor acerrimus, pro gratiarum actione victoriae, contra rebelles & haereticos, Anno 1620. die 8. Novembris, in Monte albo obtentae, hujus sacri Templi S. Mariae de Victoria, primum fundamentum posuit, Urbano Pont. Max. Eleonora Gonzaga Imper. Hungariae & Bohemiae Rege Ferdinando III. Archiepiscopo Pragensi, Cardinali Ernesto ab Harrach, P. Henrico Generali Ordin. Serv. B. Mariae Virg. Zum Beschluß / ist zu der obstehenden Beschreibung der Stadt Prag zu thun / so an seinem Ort vergessen worden / nemlich / daß / wann man von der Brücken auff der Altstädter Ring oder Marckt gehen wil / und sich auff die rechte Hand hält / man zur Kirchen S. Gilgen / und von dannen nicht weit zum Collegio S. Lazari kommt: daneben die Kirche Bethlehem stehet / an welcher ein Hospital für arme Leute gebauet ist. Es seyn vordiesem allhie vom Hussen / und seinem Mit-Arbeiter Hieronymo, unterschiedliche Sachen: Item / in einer Capellen ein Kasten / und darinn in einem Särglein ein Kindlein / das Herodes / wie man das Volck berichtet / hat ermorden lassen / zu sehen gewesen. Und ist solche Kirche Bethlehem in den Historien wol bekandt. Huß hat daselbst seine Wohnung gehabt; wiewol er auch sonsten in dem Collegio Caroli IV. welches man das gröste nennet / in einem kleinen finstern Stüblein gewohnet hat. Anno 1621. den 3. Junii / ward dem Fürsten von Liechtenstein / von Hof auß anbefohlen / daß die beyde lang verschlossene Kirchen in Bethlehem

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Matthäus Merian: Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1650, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bohemiae_Moraviae_et_Silesiae_(Merian)_113.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)