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der gantzen Welt kaum solle zu finden seyn; es wäre dann / daß Straßburg / mit seiner Münster Uhr / da einen Zutritt hätte; oder auch / in dem nächsten Kriegswesen / allhie Schaden daran geschehen wäre: wie dann David Frölich part. 1. lib. 3. Viatorii dahin zielet / wann er sagt / daß solche Uhr nicht mehr in ihrem Esse vorhanden seye. Es waren an solcher deß Himmels-Lauff durchs gantze Jahr / mit der Zahl der Monat / Tag / und Stunden / Auff- und Nidergang der Sternen; der längst und kürtzeste Tag; die Aequinoctia; die Feste durchs gantze Jahr; die Länge der Nacht und deß Tags / der Neu- und Vollmond / neben den Vierteln / die 3. unterschiedliche Schlagstunden / nach der gantzen und halben Uhr (die doch nur eine Hand / oder Zeiger weisete / so von einem der 12. so benanten himmlischen Zeichen in das ander / mit der Sonnen / und täglich einen Grad fortgienge) zu sehen. Und war darunter ein andere grosse Spaera, darinn ein Calender / in welchem ein Engel / so auff der Seiten stunde / und täglich den gegenwärtigen Tag weisete. Siehe den V. Tomum Theatri Urbium Görg Braunens / und P. Bertium. Denckwürdig ist / daß in dieser alten Stadt / bey den Fleischbäncken / sich keine Fliege auff das Fleisch setzet / welches / vor der Zeit / durch einen Schwartzkünstler / zu wegen gebracht worden seyn solle. Bey dem Wasser / und Mitternachtswerts / haben die Jüden ihre Wohnung / und so viel Platz innen / als manche Stadt haben mag. Das alte Rathhauß / Rychta / oder alte Gericht genant; Item / das Tuchmacher / oder Gewandtschneider und Kürschner-Hauß / die Böhmische Kotze genant / und der Spital bey der steinern Brücken / seyn da auch zu sehen: Item / die 2. prächtige Häuser / darinnen etwan Könige gewohnt haben / in deren einem heutiges Tags die Müntz geschlagen / und das ander noch der Königs-Hof genennet wird: und das Zollhauß. Es ist aber diese Brücke / über welche man / auß der alten / in die kleine Stadt / oder auff die kleine Seiten / gehet / unter den 3. fürnehmsten in Teutschland eine / auß welchen sie die breiteste seyn solle. Petrus Albinus in der Meißnischen Chronik pag. 327. sagt: daß solche Cytha (oder Githa) Uladislai I. Tochter / in 3. Jahren erbauet habe. Gedachter Lupacius meldet / daß sie ums Jahr 1174. von der Königin Guta seye erbauet / und Anno 1272. vom Wasser zerrissen worden. Wenceslaus Hagecus schreibet in Ann. 1171. daß sie von Wladislai II. in Böheim Gemahlin / der Judith, in 3. Jahren erbauet; und als sie hernach durchs Wasser verderbt / wieder vom Käiser Carl dem Vierten 1358. zu bauen angefangen / und erst / zur Zeit deß Hussitischen Kriegs / vollendet worden sey. Boregk aber berichtet / daß König Uladislaus, durch einen Italiänischen Werckmeister / diese Brücke habe machen lassen. Gedachter Albinus setzet die Länge von 872. Pragerischer Eln / die Breite von 4. Wagen. Und sagt er weiter / daß sie 16. Schwibbögen habe; mit welchem auch hierinn Albizius, Ens, Bertius und Dresserus übereinstimmen. Abraham Sauer / Görg Braun / Michael Heberer / Johannes Limnaeus, Adrianus und Martinus Boregk schreiben von 24. Aber Aegidius Sadeler / hat in seiner Pragerischen Beschreibung und Abbildung / auch nur 16. Schwibbögen / und sagt / sie seye vom Käiser Carolo IV. mit lauter Werckstücken sehr künstlich außgebauet worden / seye 1770. Werckschuh lang / und 35. breit: habe an jedem Ende einen starcken hohen künstlichen Thurn / durch welche der Weg gehe / und seyen beyde / samt der Brücken / zu der alten Stadt gehörig.

Die Neue Stadt ist vor diesem / von der besagten Alten / mit Mauren und einem Graben / unterschieden gewesen: Als aber die Mauren theils vom Alter eingefallen / theils eingerissen / und der Graben biß auff etwas weniges / so noch davon vorhanden / angefüllet worden; so siehet man / an derselben statt / jetzt Gärten / Felder und Plätze. Bey dem alten Königs-Hof stehet ein ansehnlicher Thurn / da beyde Städte sich scheiden. Es ist diese neue Stadt weitschweiffig / und grösser dann die alte. Es seyn darinn sehr grosse neue Märckte / und am obern Theil hat sie etliche Hügel / als S. Caroli, S. Catharinae, S. Apollinaris, der Slowaken / oder Emaus / und den Wischehrad / in ihrem Begriff / so mit Clöstern und Gebäuen gezieret seyn: wie es

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Matthäus Merian: Topographia Bohemiae, Moraviae et Silesiae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1650, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bohemiae_Moraviae_et_Silesiae_(Merian)_108.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)