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arbeiten will. Edler vielleicht ist die neidlose Anerkennung, die der frühere Ministerpräsident seinem Nachfolger spendet: „Ihn, Bismarck, krank wissen, heißt die Schlacht von Kollin (gegen Österreich) zum zweiten Male verlieren, denn er habe an Sicherheit, Umsicht, geordneter Tätigkeit, Klarheit gewonnen.“ Ihm schreibt er mehrmals und warnend, er solle seiner extravaganten Natur die Lebensführung eines ehrsamen deutschen Hausvaters aufnötigen. Roon wußte trotz mancher Unstimmigkeiten, die nur kleine Leute auseinander bringen, große zu ernster Prüfung bestimmen, genug von der von Jugendheimweh getragenen Freundschaft, die jener bewahren werde. Mehr kann der Fürst nicht von dem Freunde sagen, als daß dem König gegenüber der Beistand der Autorität Roons gar nicht zu ersetzen sei, da „niemand so viel Salz mit dem Herrn gegessen habe.“ Die drei Männer, der Jugendfreundschaft, der Arbeitsgemeinschaft, der Anhänglichkeit zu verdankende Freunde sind bis zuletzt dem Kanzler geblieben, während andere, ein Ludwig von Gerlach, ein Kleist Retzow von ihm, aus Überzeugung, die auch am Gegner zu achten ist, zurücktraten, andere zu Feinden wurden, die den in Ungnade Gefallenen wie einen Pestkranken mieden.

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 Aber der leuchtendste Edelstein in dem reichen Kranze der Gaben und Ehren in dem Leben des Kanzlers ist zugleich der wahrhaft deutsche, den unsere Dichter wie keinen anderen besungen haben und unsere Geschichte in tausendfachem Glanze ausstrahlen läßt, die Treue des Untertanen gegen den angestammten Herrn. Zwei Brüder aus dem Hohenzollernhause haben um die Treue des Edelmanns geworben, erlangt haben sie beide, aber nur einer mit der ganzen freudigen Selbstverständigkeit der dienenden, dankbaren, Leib und Leben zu Willen stellenden Eifrigkeit. Friedrich Wilhelm IV., den David Friedrich Strauß den Romantiker auf dem Throne nannte, der reichstbegabte und unglücklichste Fürst aus Hohenzollernstamm,

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Hermann von Bezzel: Bismarck und das deutsche Gemüt. Paul Müller, München ca. 1916, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bismarck_und_das_deutsche_Gem%C3%BCt_16.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)