Seite:Bildnis einer Römerin 12.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Emil Hübner: Bildnis einer Römerin, Marmorbüste des Britischen Museums (die sogenannte Clytia)

Kopf, der in den photographischen Abbildungen von d’Escamps vorliegt[1]; auf seine Aehnlichkeit mit dem Clytiakopf machte Conze aufmerksam[2].

Allein auch die Porträts der jüngeren Agrippina, der Gemahlin des Claudius und Mutter des Nero, zeigen in der Haartracht und selbst in den Gesichtsformen eine gewisse Aehnlichkeit, wenigstens diejenigen, welche sie in jüngeren Jahren darstellen (immer auch hier die Zutheilung als richtig vorausgesetzt). Von den Münzen derselben ist mir kein sehr nahe kommendes Exemplar bekannt; der Aureus, welcher sie mit dem Eichenkranz und der Haartracht der Göttinnen darstellt[3] ist im Ausdruck ganz verschieden. Auch die geschnittenen Steine[4] bieten keinen Anhalt; in der Haartracht kommt ein für Messalina gehaltener Stein näher[5], ebenso wie auch deren Münzen, wie z. B. die große Erzmünze von Nicaea[6]. Unter den Statuen sind die lateranensische[7] und die Münchener[8], soviel ich sehe, verschieden. Ausser den Wiederholungen des Kopfes, welche die Herausgeber des lateranensischen Museums anführen, gehört hierher eine Büste des Museo nazionale zu Neapel, von welcher mir eine Photographie vorliegt[9]; sie stimmt in der Haartracht fast ganz genau mit dem Münchener Kopf der älteren Agrippina, sodass die Richtigkeit der Zutheilung an die jüngere zweifelhaft erscheint; doch sind die Züge im ganzen freilich anders. Ungefähr dasselbe gilt von der capitolinischen Büste[10], welche mit der neapolitanischen ungefähr zu stimmen scheint. Dagegen lassen die sitzenden Statuen derselben, die neapolitanische[11], deren Abguss das hiesige Museum besitzt[12], die capitolinische[13] und die der Villa Albani[14], welche sämmtlich die Dargestellte im höheren Alter zeigen, in der Haartracht wie in den Zügen durchaus keine Aehnlichkeit mit dem Clytiakopf bemerken; ein Umstand, der wohl nicht allein auf das vorgerücktere Alter geschoben werden kann.


  1. Galérie des marbres antiques du musée Campana Taf. 63.
  2. In den Göttinger gelehrten Anzeigen von 1868 S. 813.
  3. Bei Cohen 1 S. 174, 3 Taf. 11, 3. 4.
  4. Bei Cades classe 5 livro 38 Nr. 380. 381.
  5. Cades a. a. O. Nr. 378.
  6. Abgebildet bei Cohen 1 S. 170 Taf. 10, 1; vgl. Mongez’s Taf. 28.
  7. Benndorf und Schöne die antiken Bildwerke des lateranensischen Museums S. 127 Nr. 207, abgebildet bei Clarac 936 E 2367 B.
  8. In Brunn's Beschreibung S. 104 Nr. 87; abgebildet bei Clarac 437, 788, wenn sie wirklich diese Bezeichnung verdient.
  9. Es ist vermuthlich der in Gerhard and Panofka's Beschreibung S. 116 Nr. 113 erwähnte Kopf der älteren Agrippina oder vielmehr einer Römerin in ihrer Haartracht.
  10. Bei Righetti 1 S. 118 Taf. 119 wohl ziemlich charakteristisch abgebildet.
  11. Im Museo nazionale Nr. 535; Gerhard und Panofka Neapels antike Bildwerke S. 43 Nr. 124, wo sie irrthümlich noch für die ältere Agrippina ausgegeben wird.
  12. Friederichs Berlins antike Bildwerke 1 S. 504 N. 812.
  13. Bei Righetti 1 Taf. 31; der Abguss in Dresden, Hettners Verzeichniss S. 87 Nr. 174.
  14. Morcelli-Fea-Visconti la villa Albani ora Torlonia descritta, Rom 1869 8., S. 15 Nr. 79. Winckelmann im trattato preliminare S. 48 zog dieß Exemplar bekanntlich dem capitolinischen vor.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Hübner: Bildnis einer Römerin, Marmorbüste des Britischen Museums (die sogenannte Clytia). Berlin: W. Hertz, 1873, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bildnis_einer_R%C3%B6merin_12.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)