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Emil Hübner: Bildnis einer Römerin, Marmorbüste des Britischen Museums (die sogenannte Clytia)

Sachverständigen als nicht ganz correct und naturwahr getadelt worden; Schultern und Brust erscheinen etwas schmal[1]. Es ist leicht möglich, dass auch hierin auf Kosten der Wahrheit die Gefälligkeit des Eindrucks maßgebend gewesen ist.

Schon im Jahre 1859 hat der englische Numismatiker Hr. R. Stuart Poole an einem unbeachtet gebliebenen Ort[2] die auf die oben angeführten allgemeinen Erwägungen gegründete Vermuthung ausgesprochen, dass Antonia, die jüngere Tochter des Triumvirn M. Antonius und der Octavia, die bekannte Gemahlin des Drusus, die Mutter des Germanicus und des Kaisers Claudius, die Großmutter des Caligula, dargestellt sei; deren hohe Tugenden von den Zeitgenossen nicht minder gepriesen wurden wie ihre Schönheit. Sie war des Triumvirn dritte Tochter; die älteste von der Antonia heirathete den Pythodoros, wie neuerdings von Mommsen nachgewiesen worden ist (in der Ephem. epigr. 1872 S. 272); die zweite von der Octavia heirathete den Ahenobarbus; die vierte von der Cleopatra den König Juba von Mauretanien. Von den nicht seltenen Gold-, Silber- und Erzmünzen derselben[3] zeigen nicht bloß in den Abbildungen, sondern in den Originalen, welche in der hiesigen königlichen Sammlung ausliegen, besonders diejenigen welche keine idealisierte Darstellung geben, eine gewisse Aehnlichkeit des Profils, besonders in der leicht gebogenen Nase. Andere Exemplare dagegen haben einen durchaus verschiedenen Ausdruck[4]; wie dergleichen Verschiedenheiten in den Münztypen ja nicht selten sind.

Es giebt eine große Anzahl geschnittener Steine, welche als Bildnisse der Antonia angesehen werden. Die hiesige königliche Sammlung besitzt deren zwei von zierlicher Arbeit[5]; die Züge sind sehr jugendlich, fast kindlich gehalten, die Zutheilung an die Antonia scheint mir höchst zweifelhaft zu sein. In der Abgusssammlung von Cades sind nicht weniger als elf angebliche Bildnisse der Antonia zusammengestellt[6]; nur zwei derselben (Nr. 349 dessen Herkunft nicht angegeben


  1. Doch haben Murray's Messungen nachweisliche Unregelmäßigkeiten nicht ergeben.
  2. In der Encyclopaedia Britannica, 3. Ausgabe, unter dem Artikel Numismatics S. 385 Anm. 1.
  3. Von den letzteren kommt besonders die bei Cohen monnaies frappées sous l’empire Romain 1 S. 135, 6 Taf. 7, 6 abgebildete in Betracht, die in der zu Anfang stehenden Vignette Fig. 4 wiederholt ist.
  4. Wie z. B. ein Exemplar in Erz des Herrn S. S. Lewis in Cambridge, von dem mir ein Abdruck vorliegt. Die Nase ist hier entschieden gerade geformt.
  5. Tölkens Verzeichniss S. 328 N. 143 und 144.
  6. Collezione d'imponte di T. Cades classe 5 livro 38 Nr. 344—354. Es befindet sich darunter der von Raoul Rochette in der lettre à Mr. Schorn S. 51 erwähnte und von Brunn in der Künstlergeschichte 2 S. 578 besprochene Sardonyx mit dem Namen des Saturninus (N. 352). Er zeigt den Kopf zu drei Vierteln von vorn eine gewisse Aehnlichkeit mit der Frontansicht des Cameo Nr. 349 ist unverkennbar; dennoch möchte ich die Identität der Person nicht verbürgen. Nr. 344-348, ebenso der große Pariser Cameo Nr. 350 scheinen mir ebenfalls sehr unsicher; auch Nr. 351 und 353 zeigen manche Verschiedenheiten. Im Trésor de numismatique, iconographie romaine Taf. XI Fig. 1. 2 sind zwei für Antonia gehaltene Gemmen abgebildet, von denen Newton die erste besonders für der Clytia ähnlich hielt
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Emil Hübner: Bildnis einer Römerin, Marmorbüste des Britischen Museums (die sogenannte Clytia). Berlin: W. Hertz, 1873, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bildnis_einer_R%C3%B6merin_09.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)