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Herodias.
Schule des Leonardo da Vinci.


Herodes ward, dass er den Täufer tödte,
Von seines Weibes arger List betrogen,
Und von der Tochter Reizen blind bewogen
Gewährt er, was er lieber doch verböte.

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Da schweigt die Cymbel und die üpp’ge Flöte,

Des Tanzes wilder Taumel ist verflogen,
Es starrt, vom Todten magisch angezogen,
Herodias; erbleicht der Wangen Röthe.

Auf goldner Schüssel hat sie es getragen,

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Das edle Haupt; sie setzt es schaudernd nieder:

Ihr dünkt, es heben sich die Augenlider,

Die bleichen Lippen öffnen sich zum Klagen
Und leise hört sie ein entsetzlich Wort,
Ein einziges (sprach sie es selber?) – „Mord!“



Empfohlene Zitierweise:
Text von Julius Hübner: Bilder-Brevier der Dresdner Gallerie. Verlagsbuchhandlung von Rudolf Kuntze, Dresden 1857, 1859, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bilder-Brevier_der_Dresdner_Gallerie.pdf/148&oldid=- (Version vom 31.7.2018)