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Außer unseren langjährigen Mitgliedern Haußleiter und Sabel ist es heute ein neues Geschlecht, das zur Leitung berufen ist, das wacht über dem alten Hause und in ihm aus- und eingeht.

 Im alten Hause? Darf ich’s sagen? Auch die steinernen Häuser haben ihre Geschichte und 3/4 Jahrhunderte gehen nicht spurlos an ihnen vorüber. Als der ursprüngliche Waisenhausneubau, dessen Grund am 25. August 1836 gelegt wurde, am 20. September 1837 eingeweiht wurde, war’s ein Fest für die ganze weitere Umgebung. Tausende kamen zusammen; neben dem hiesigen Bürgermilitär trat ein Rother Gesangverein auf und sang im Hause den ersten mehrstimmigen Choral. Noch zeigt uns ein Stich in einem Aufruf des Jahres 1840 das Bild des ersten Baues, dessen Herstellungskosten 12000 fl. betrugen – ein einfaches Haus, der erste und einzige Stock von dem bekannten Türmchen gekrönt! Mit Stolz wurde von dem an der denkwürdigen „Gethsemane-Stätte“ errichteten Bau berichtet, daß von jedem der 74 Fenster eine andere schöne Aussicht sich darbiete. Lange genügte das Heim, das zuerst 7 Zöglinge (3 Waisen und 4 Pfarrerssöhne) beherbergte, dann aber bis zu 92 Pfleglingen (im Jahre 1842) Wohnung bot. Der neueren Zeit konnten seine Maße nicht mehr entsprechen. Das Jahr 1875 brachte den zweiten Stock, 1885 wurden zwei Flügel angebaut. Fast jedes der folgenden Jahre brachte kleine bauliche Veränderungen, an Haupt- und Nebengebäuden, und doch konnte mit alledem modernen Anforderungen an Luft, Licht, Hygiene um so weniger Genüge geleistet werden, als Lehr- und Erziehungsanstalt in den Mauern des Hauses sich behelfen mußten.

 Die Brand- und Schreckensnacht am 19. November 1908 zerstörte, was in Jahrzehnten geworden, gewachsen war. Sie brachte Sorgen, Fragen, Aufgaben die Menge. Unter Notdächern weilten wir teilweise in den Brandruinen, während die Stadt den Zöglingen gastliche Herberge bot. Zuletzt erstand der Neubau, dessen Grundstein am Johannistage 1909 gelegt wurde, wieder auf altem, vielumstrittenem Boden. Und nicht nur das: die Mauern, die uns hier umgeben, sind zum Teil Umfassungsmauern des alten Baues. Das Alte wurde nicht abgetragen, aber zum Alten fügte sich das Neue.

 So ging es mit dem Äußeren des Hauses. Seine innere Geschichte weiß von Ähnlichem zu sagen, von Veränderung, Umgestaltung, Ausbau, von Wandlungen und Verschiebungen. Erziehungs- und Lehranstalt wollte anfangs das Pfarrwaisenhaus sein. Erst wurde an die vorgesehene Verbindung mit der kaum lebensfähigen hiesigen Lateinschule nicht herangetreten. Nach freiem Übereinkommen gab und nahm man später die Schüler herüber und hinüber, nachdem es sich als praktisch erwiesen hatte, daß hüben und drüben nur einzelne Klassen geführt würden. Die Rektoren der lateinischen Schule aber wurden