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Klaßvikare sollen die confabulantes, die Kirchenschwätzer vermahnen und zur Anzeige bringen, Aufzeichnungen aus der Predigt dürfen nicht fehlen. Begabte Schüler der oberen Klassen werden zu den Mahlzeiten der Professoren beigezogen, die drei unteren Klassen erhalten an Prüfungstagen „etliche Fastenbrezen und einen neuen Kreutzer“. – Das gymnasium illustre ward 1773 nochmals eingeweiht und hieß fortan Gymnasium Carolo-Alexandrinum, die alumni et gratuiti hatten bis 1809, in welchem Jahre Ritter von Lang das Institut aufhob, am Gymnasium ihre volle Verpflegung, die eingehend geregelt ward. 1840 ist das Alumneum wieder aufgetan worden. „Die Lehranstalten und die Aufsicht über die Zöglinge sind unverbesserlich gut“ rühmt ein Zeitgenosse, dessen Urteil freilich nicht ganz unanfechtbar ist, wenn man erwägt, daß er den „Religionsdienern“ (edle Erfindung des 18. Jahrhunderts!) den freundschaftlichen Rat gibt, Predigten gegen den Aberglauben mit der Teufelsmauer (dem sog. limes) zu halten, das sei fördersamer als „ewig über ein und eben dasselbe Evangelium Jahrhunderte hindurch sonntägliche Erbauungsreden zu halten“. 1799 erschien wenigstens für den 10. p. Trin. eine gedruckte Rindviehpestpredigt, die auf allen fränkischen Kanzeln vorzulesen war! – Aber insoferne ist Fischers Lob begründet, als das Gymnasium Unterricht in der Philosophie, Naturgeschichte, Mythologie, Dichtkunst, den lateinischen, hebräischen (sic!) und griechischen Sprachen, in englischer und französischer Sprache, im Schreiben, Rechnen, Zeichnen und Tanzen erteilte.




 Nach diesen Exkursen liegt mir noch ob, über die den wilden Markgrafen kurz zu sprechen. Sein Vater muß wenig Einfluß auf ihn gehabt haben, er war kränklich, menschenscheu und verließ ihn in seinem 12. Jahre. Bedeutend war seine Schwester, die Georg II. von England 1705 heimlich in Triesdorf besucht hatte und zur Gemahlin erkor, die einzige Königin Englands, welche den Beinamen the good queen führt. Bei ihrem 1737 erfolgten Tod war Georg fassungslos, sie riet ihm, sich wieder zu verheiraten, aber „ersetzt könne sie ihm nie werden und vergleichen wolle er nicht“ antwortete der König, unter dessen Regiment Karolina die Universität zu Göttingen Carola-Georgia-Augusta gründete 1734 (1737), deren erster Rektor unser Rother Landsmann Joh. Matthias Gesner ist (1691–1761), 1729 Rektor in Ansbach, 1730 Rektor der Leipziger Thomasschule, dessen Feder wir ein Leben der edlen Königin verdanken, dessen Rede auf Christiana Charlotte die Fürstin als fromme, reich begabte Frau uns wert macht. – Als Knabe ward er in den Unterricht der edlen Frau von Neuhaus gegeben, als Jüngling dem Meklenburger Josias von Behr, dem Livländer Brehmer, späterhin dem Dichter Neukirch, dem Übersetzer des Telemaque Fenelons und dem Prichsenstadter Schülin anvertraut, der dann auch an seinem Sterbelager stehen

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Hermann von Bezzel: Aus Ansbachs vergangenen Tagen. Fr. Seybold’s Buchhandlung, Ansbach ca. 1912, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bezzel_Aus_Ansbachs_vergangenen_Tagen_13.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)