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jetzt ausgefüllt, läßt sich noch erkennen. Der nordwestliche Theil des alten unscheinbaren Steinhauses ist zu einer Pächterwohnung umgebaut und umgeben von großen Ökonomiegebäuden. An einem Thor derselben stehen die Namenszüge Johann Reinhards v. Berlichingen, † 1704, und seiner Gattin Sophie Magdalene geb. v. Berlichingen.

Nach der Sage soll ein unterirdischer Gang von der alten Burg nach Rossach gegangen sein.

Ein altes Haus mit hohem Giebel im untern Dorf heißt die Kanzlei.

An der Kellerthüre eines weiteren alten Hauses steht die Jahrszahl 1592.

Zu bemerken ist noch die große Ölmühle auf der mit herrlichen Bäumen bewachsenen Insel. Hier errichteten die Gebrüder Baumann 1812 die erste mechanische Wollspinnerei in Württemberg mit englischen Maschinen, aber die Schwierigkeit des Verkehrs, Brandunglück und die schlechten Zeiten ließen das Unternehmen, welches den Wohlstand der Gemeinde und der Umgegend hätte heben können, nicht emporkommen. Die Spinnerei gieng wieder ein.

Am Fußweg nach Widdern auf der jenseitigen Thalseite steht die alte Kapelle zu den vierzehn Nothhelfern im Schatten zweier Lindenbäume.

Mit Trinkwasser ist der Ort reichlich versehen, aber die größere Anzahl der 7 Pumpbrunnen leidet bei starkem Regen unter Jauchezusatz. Die Markung ist reich an Quellen, doch ist keine derselben gefaßt. Die bedeutendsten sind der sog. erste Brunnen, der alte Mörsbrunnen, an der Straße nach Schönthal, der Windbrunnen im Neusasser Flur, der Weihenbrunnen hinter dem Judenkirchhof, sodann Quellen im Kellerberg, im Storchwald und im Katharinenberg. Die den Ort im Halbkreis umfließende Jagst tritt öfters aus, überschwemmt das Wiesenthal und verderbt das Futter. Da sie noch hart am Ort ein Altwasser, Ader genannt, bildet, so ist der Ort bei Hochwasser bisweilen Wochen lang vom Verkehr auf der Staatsstraße, welche von Schönthal nach Möckmühl zur Eisenbahn auf dem rechten Ufer führt, abgeschnitten, ein für das gewerbreiche und handeltreibende Volk empfindlicher Mißstand.

Auf der Markung bestehen 4 Steinbrüche, 3 an der Straße nach Jagsthausen, einer an der Straße nach Neuhof. Doch werden bessere Bausteine von außen bezogen.

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Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 382. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_382.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)