Seite:Beschreibung des Oberamts Kuenzelsau I 230.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Würzburg)[1]. Mit der Auflösung des Kapitelsverbandes verlor die bischöfliche Kurie alle Übersicht über das Kapitel (s. Ailringen); der Bischof von Würzburg säkularisirte die St. Annakapelle in Mulfingen. Der Abt von Schönthal fragte bei Besetzung der Pfarreien nichts nach dem Bischof. In Schönthal selbst – darauf deuten trotz des Schweigens der Sch. Chroniken klare Spuren – war in den 30er und 40er Jahren eine starke Erregung der Geister zu finden, daher viel Streit besonders unter Abt El. Wurst. Eine ganze Reihe Konventualen trat aus dem Kloster und wurde evangelisch (? Joh. Isenmann in Hall. Chron in Donaueschingen). In Betreff des Mainzer und Würzburger Gebiets s. Altkrautheim, Amrichshausen, Mulfingen. Die alten Ordnungen galten wenig mehr. Der Verkehr der evangelischen und katholischen Bevölkerung war ein harmlos friedlicher. Auf Grund des Interims waren auch die katholischen Pfarrer verehlicht („uxor mea“ oft in den K.B. Rituelle Trauung eines katholischen Pfarrers durch den evangelischen Pfarrer in Hohebach s. dort). Ja der katholische Pfarrer von Mulfingen hatte eine evangelische Frau und evangelische Kinder.

Die Episcopalia wurden nicht mehr bezahlt. Die katholischen Pfarrer suchten Schutz bei dem toleranten Mainz, das meist evangelische Amtleute in Krautheim hatte. Ganz anders sollte es unter dem Bischof Julius Echter von Mespelbrunn (1573 bis 1617 werden). Mit aller Macht arbeitete er an der Restauration der alten Kirche und ihrer Ordnungen. Dazu dienten Kirchenbauten im Amt Jagstberg (Amrichshausen, St. Anna in Mulfingen). Die evangelischen Einwohner wurden vertrieben (s. Amrichshausen), die verheiratheten Pfarrer entlassen oder zur Trennung von ihren Frauen genöthigt (Marlach, Rengershausen, Westernhausen), die katholischen Grundherren und Patrone, Deutschorden, Schönthal, Mainz rastlos vorwärts getrieben, obwohl sie Bischof Julius wenig entgegen kamen, die evangelischen Orte unter katholischen Grundherren von den evangelischen Pfarreien losgetrennt (s. Diebach, Nagelsberg, Ebersthal, Muthof etc.), die Pfarrer in den Ganerbenorten Künzelsau und Niedernhall vor den Fiskal beschieden.

  1. Das Marlacher Kirchenbuch sagt zwar, der letzte Dekan Heinr. Ziegler sei 1520 von Ingelfingen vertrieben worden und 1526 zu Marlach gestorben, aber die Nachricht des Fiskals hat alle Wahrscheinlichkeit für sich. Ziegler war wahrscheinlich als Pfarrer v. Marlach Dekan des Kapitels Ingelfingen.
Empfohlene Zitierweise:
Julius Hartmann und Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Künzelsau. Kohlhammer, Stuttgart 1883, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Beschreibung_des_Oberamts_Kuenzelsau_I_230.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)